Full text: Aus dem Leben des Landgrafen Friedrich von Hessen auf Rumpenheim: 1747-1837

36 Der Landgraf in Gotha und Berlin 1822 
fürsten Rumpenheim verlassen hatte und mit seiner Frau außer Landes 
gegangen war. Zuerst wandten sie sich nach Gotha zu der Herzogin Caroline, 
an deren Hofe sie wie einst die von Napoleon vertriebene Kurfürstin eine 
erste Zuflucht und verwandtschaftliche Aufnahme fanden. 
Kurfürst Wilhelm II. war sehr ärgerlich darüber, daß die Einladung seiner 
Schwester seinen Plan, den Landgrafen im Hanauer Schlosse gewissermaßen 
zu internieren, durchkreuzte. Schmincke mußte deshalb dem gothaischen 
Staatsministerium „das tiefe Bedauern Sr. Kgl. Hoheit über einen Vorfall 
ausdrücken, welchen Allerhöchst dieselben bey dem mit dem dortigen Hofe 
bestehenden freundschaftlichen Verhältnis nicht erwartet hätten“! (28. Sept. 1821). 
Der gothaische Hof blieb aber diesmal fester als vor elf Jahren, wo man 
dem damaligen Kurprinzen aus Furcht vor Napoleon das Gastrecht ver⸗ 
weigert hatte.“ 
Den ganzen Winter über blieb Landgraf Friedrich in Gotha. 
Als dann im Mai 1822 die Herzogin durch den Tod ihres Gemahles, 
des wunderlichen Herzogs August, in tiefe Trauer versetzt wurde, reiste der 
Landgraf weiter nach Berlin, um zunächst seine beiden in preußischen Diensten 
befindlichen Söhne Fritz und Georg zu besuchen. In Potsdam, wo ge⸗ 
rade die Hochzeit der Prinzessin Alexandrine mit dem Großherzog von 
Mecklenburg⸗Schwerin gefeiert wurde, fand der alte Herr viel Teilnahme, 
zumal als man am preußischen Hofe wegen der gewaltsamen Entführung 
der Herzogin von Bernburg aus Bonn? damals auf den hessischen 
Kurfürsten besonders schlecht zu sprechen war. „Chacun me parla de 
Cassel avec horreur. Il n'y a qu'une voix, et ses (des Kurfürsten) 
accusations ne trouvent point d'appuis.“ Trotz der Freude, seine beiden 
lüngsten Söhne wieder um sich zu haben, befand sich der Landgraf in einer 
sehr trüben Stimmung. „D'être à mon üge avancé en l'air, sans de- 
voir profiter du s e Ul endroit agréable à moi, mon mênage sur les 
grands chemins, mal logé, mal meublé, mes gens dispersés, voilà 
ce qui ne se soutient pas à la longue!“ 
Von Berlin reiste der Landgraf, während seine Gemahlin von Gotha nach 
Hannover zu ihrer jüngsten Tochter, der Herzogin von Cambridge, 
übersiedelte, Anfang Juni 1822 weiter nach Neu-Brandenburg zu seiner 
zweiten Tochter, der Großherzogin Marie v. Mecklenburg-Strelitz. 
Vgl. Losch, Kurfürst Wilhelm J. S. 312. 
2 Die nervenkranke Herzogin Friederike, geschiedene Gattin des Herzogs Alexius von 
Anhalt-Bernburg, hatte in Bonn durch ihr exaltiertes Wesen so unliebsames Aufsehen 
erregt, daß ihr Bruder, Kurfürst Wilhelm II., sie durch den General v. Dalwigk nach 
Hanau bringen ließ. (Losch, Kurf. Wilh. J. S. 3601).
	        
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