30 Hochzeiten der Prinzessinnen Marie und Auguste
beiden nächsten Kinder des Prinzenpaares geboren, 1817 Prinzessin Luise,
die später als Königin von Dänemark eine große politische Rolle spielte, und
1820 der einzige Sohn, Prinz Frie drich Wilhelm. Da lange kein
hessischer Prinz in der Hauptstadt geboren war, wurde dies Ereignis dort beson⸗
ders festlich gefeiert, obwohl damals niemand ahnte, daß dieser Prinz, den drei
Generationen des regierenden Hauses (die drei hessischen Kurfürsten) über die
Taufe hielten, später lange Jahre als Erbe des Kurfürstentitels gelten würde,
ohne jedoch dies Erbe antreten zu können.
Die Übersiedelung des allgemein beliebten Landgrafen Friedrich und
seiner Familie nach Cassel brachte neues, frisches Leben an den in Sparsam⸗
keit und steifer Etikette erstarrenden kurfürstlichen Hof. Fürstliche Besucher
kamen und gingen, und nicht zum wenigsten trugen die drei heiratsfähigen
Töchter des Landgrafen dazu bei, Cassel zu einem Anziehungspunkt heirats—
lustiger Prinzen zu machen. Prinzessin Marie, das zweitjüngste Kind des
landgräflichen Paares (* 21. Januar 1796) war die Erste, die das väterliche
Haus verließ, um dem Großherzog Georg von Mecklenburg-Strelitz
als Gemahlin zu folgen. Die Hochzeit fand am 12. August 1817 zu Cassel
statt „avee une pompe uniquement à mes deépens autrefois tout à
fait ignorée“, wie der karge Kurfürst in seinem Tagebuch seufzend vermerkte.
Vierzehn Tage später heißt es in demselben Tagebuche: „Le Duc de Cam-
bridge fit une apparition chez nous dont la raison ne paroĩssoit pas pro-
bleᷣmatique“ꝰ. Auch dieser Prinz ging auf Freiersfüßen. Seine Erwählte war
Prinzessin Auguste, die am 25. Juli 1797 geborene jüngste Tochter des
Landgrafen. Herzog Adolf Friedrich v. Cambridge war der jüngste
Sohn König Georgs III. von England, in dessen Namen er seit der Restau⸗
ration die Statthalterschaft in Hannover führte. Obwohl er (* 24. Febr. 1774)
23 Jahre älter war als die Prinzessin Auguste, so wurde doch seine Werbung,
die eine neue Verbindung des hessischen und welfischen Hauses begründete,
in Cassel mit Genugtuung begrüßt und gern angenommen, zumal der Herzog
bei der Kinderlosigkeit seiner Brüder dem englischen Thron nicht allzufern
stand. Die Hochzeit? fand am 7. Mai 1818 im Bellevueschloß ebenfalls unter
großem Gepränge in Gegenwart des ganzen kurfürstlichen Hauses und zahl—⸗
reicher vornehmer Gäste (darunter der Großfürst Michael von Rußland') statt.
Auch der preußische Gesandte v. Hänlein berichtete von der ungewöhnlichen Pracht⸗
entfaltung, die namentlich die kurprinzliche Familie bei dieser Gelegenheit zeigte. Er
selber nahm an der Festtafel nicht teil, weil er mit dem ihm angewiefenen Platz nicht
zufrieden war. Beim Fackeltanz kam es außerdem zu einer Rangstreitigkeit zwischen dem
Geheimrat v. Gayling und dem Minister v. Schmerfeld.
2 Val. Losch, Die Hochzeit der Herzogin v. Cambridge. Hess. Blätter 1918, 4255 f.