Full text: Aus dem Leben des Landgrafen Friedrich von Hessen auf Rumpenheim: 1747-1837

Ubersiedelung nach Cassel 1813 29 
war auf den Reichsfreiherrn, den er nicht ohne Grund als seinen persön⸗ 
lichen Feind betrachtete, sehr geladen. Friedrich suchte ihn zu entschuldigen. 
„Mr. de Stein est vif, même violent, mais il est droit et dit sindè- 
rement sa façon de penser.“ Er könne sich nicht über ihn beklagen, da 
er immer „fort amical et même confiant“ gegen ihn sei. Auch bei dem 
heftigen Konflikt, der dadurch entstand, daß der Kurfürst gegen den Befehl 
des Generals von Kleist seine Truppen nach der Rückkehr aus Frankreich im 
Sommer 1814 zu den Erntearbeiten teilweise demobilisiert hatte, trat Friedrich 
als Vermittler auf, besuchte am 29. Juli den König von Preußen in 
Frankfurt und suchte die Maßregeln des Kurfürsten zu erklären und zu ver— 
teidigen. Er erreichte auch, daß der König ihm teilweise recht gab und ihm 
sogar Unterstützung der hessischen Ansprüche in Wien zusicherte, indem er zu⸗ 
gab, daß Hessen „viele Feinde habe, die gegen uns arbeiten.“ 
Während der Kurfürst auf Friedrichs dringenden Rat sich selbst auf 
den Wiener Kongreß begab, reiste der Landgraf, nachdem er noch bei dem 
Grafen Solms durchgesetzt hatte, daß das als Lazarett beschlagnahmte 
Philippsruher Schloß! endlich geräumt wurde, im Oktober 1814 nach Cassel, 
wo er in der oberen Königstraße ein in westfälischer Zeit von dem Maurer⸗ 
meister Christian Schön erbautes Haus (jetzt Nr. 2) erworben hatte,? dem 
gegenüber Jusso w ihm einen Marstall für seine Pferde erbauen mußte. 
Da auch die Familie des Prinzen Wilhelm zeitweise ihre Residenz in 
Cassel nehmen wollte, überließ der Kurfürst auf den Wunsch des Landgrafen 
ihr das dem neuen landgräflichen Palais gegenüberliegende Eckhaus an der 
Fünffensterstraße.“ Dies Haus bezog die Prinzessin Charlotte mit ihren 
beiden ältesten Kindern, während ihr Gemahl, Prinz Wilhelm, nur besuchs⸗ 
weise von Kopenhagen nach Cassel kam. Hier in diesem Hause wurden die 
) Philippsruhe war zur Zeit der Fremdherrschaft im Besitz der Fürstin Pauline 
Borghese, der Schwester Napoleons, als Geschenk ihres Bruderss gewesen, die es durch 
einen Mr. Tavel aus Paris verwalten ließ. Seit 1875 befindet sich das Schloß, der 
Geburtsort des letzten hessischen Kurfürsten, im Besitz der Landgrafen von Hessen, der 
Nachkommen Landgraf Friedrichs. 
2 Das Besitzrecht des Landgrafen wurde später von dem Dr. Garnier, dem ehem. 
Leibarzt Jeromes, bestritten, welcher behauptete, das Haus 1813 von dem König gekauft 
zu haben. Es kam deswegen im Jahre 1827 zu einem Prozeß. 
3 Dies durch späteren Umbau verunstaltete Haus (jetzt Nr.5), das im zweiten Stock 
sehr schöne Räume besaß, hat eine nicht uninteressante Geschichte. Ursprünglich Palais 
des Ordens der Westfälischen Krone, wurde es später vom dänischen Gesandten gemietet 
und diente eine Zeit lang dem flüchtigen König Gustav IV. von Schweden „Grafen 
von Gottorp“ als Asyl. Später im Besitz des Schreinermeisters Siebrecht, wurde es von 
dem österreichischen Gesandten v. Philippoberg und dem Komiker Birnbaum bewohnt 
und war der Schauplatz des bekannten Liebesromans der Tochter Birnbaums mit dem 
Prinzen Friedrich von Hanau.
	        
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