Zweiter Besuch in Prag 1813
und es gefiel ihm so gut in der Kaiserstadt, daß er damals nicht übel Lust
hatte, seinen Wohnsitz von Frankfurt hierher zu verlegen. Vom Krieg hörte
man nicht viel in Wien. Im Salon der Prinzessin Eszterhaͤzy sah man ein
Panorama des Brandes von Moskau, doch machte die Vorführung des
Mälzl'schen Harmonicons! „de la plus grande force“ dort noch mehr
Eindruck. Dem Kaiser Franz mußte der Landgraf seine Erlebnisse im
traurigen November 1800 ausführlich erzählen. Ebenso liebenswürdig wie
der Kaiser war die Kaiserin Maria Ludovika, die dem Landgrafen
durch ihre genaue Kenntnis aller verwandtschaftlichen Beziehungen des hessischen
Hauses und durch ihr Interesse für seine einzelnen Glieder imponierte. Um
so auffallender war es, daß niemand den Kurprinzen zu kennen schien, der
sich damals vorübergehend auch in Wien aufhielt, aber nirgends in der Ge⸗
sellschaft zu sehen war.
Endlich traf die erwartete Einladung des Kurfürsten aus Prag ein.
Friedrich schrieb aber nach Hause: man solle nicht darüber reden, daß er
dorthin gehe; er werde auch nicht lange dort bleiben, pour ne pas donner
de l'ombrage dans nos contrées. Der Kurfürst empfing seinen Bruder
am 16. April in seiner neuen großartigen Residenz, dem ehemaligen kur⸗
ländischen Palais in der Karmelitergasse, das er 1811 gekauft hatte. Der
vertriebene Fürst war voller Anerkennung darüber, daß Prinz Wilhelm,
der älteste Sohn Friedrichs, ihm seine Dienste angeboten hatte (von denen
er übrigens keinen Gebrauch machte). Dessen jüngerer Bruder Fritz (in
preußischen Diensten, siehe oben S. 24) hatte sich den militärischen Unterneh—
mungen des Kurprinzen anschließen wollen, die aber zu Wasser wurden,
weil der karge Vater kein Geld dazu hergab. Bei der finanziellen Aus—
einandersetzung, die den Hauptgrund zur Prager Reise des Landgrafen gebildet
hatte, kam es zu sehr heftigen Erörterungen zwischen beiden Brüdern, bis
Friedrich nach längerem Sträuben das von Kunckell entworfene Abkommen
unterschrieb. Der Kurfürst war überhaupt diesmal recht „krittelich“ und
machte seinem Bruder Vorstellungen über sein legeres Benehmen hohen
Herrschaften gegenüber (z. B. bei einem Besuch des Großherzogs von Würz⸗
Fur dieses mechanische Musikinstrument, einen sog. Trompetenautomaten, schrieb
Beethoven ursprünglich seine „Schlacht von Vittoria“.- Von einer ähnlichen musika—
lischen Vorführung in Hanau berichtet der Landgraf früher, am 20. April 1803:, La
Kurprinzess m'a priè de venir dans un concert ou j'ai éêté, consisstant dans un
amatore qui avait composé un nouveau instrument Clavycilinder qui est entre
orgue et harmonium et qui nous a écorché les oreilles en voulant tirer des sons
de carreaux de vitres. La Princesse et la Dalberg en ont ri terriblement s'amu-
sant de mon impatience.“ Damals handelte es sich um eine von Chladni erfundene
Art von Glasharmonika.