26 Besuch in Prag 1810 Reise nach Wien 1813
zeigte sich sehr erfreut über den Besuch seines Bruders, der ihm zu Ehren
die alte hessische Uniform angelegt hatte, war aber sehr empfindlich, als
die Rede auf die Ereignisse von 1800 kam, und wie gewöhnlich zäh gegen⸗
über allen finanziellen Ansprüchen. Am besten vertrug man sich noch bei den
abendlichen Schachpartien, die wie in alten Zeiten gespielt wurden. Am
8. Oktober 1810 trat Landgraf Frie dr ich die Heimfahrt nach seiner langen
Reise an, die mit einem Besuch in Aschaffenburg bei dem Großherzog von
Frankfurt, Dalberg, endete.
Der eigentliche Zweck seiner Prager Reise (die finanzielle Auseinandersetzung
wegen der seit 1800 rückständigen Apanage) war nicht erreicht worden. Der
Kurfürst hatte seine Brüder immer nur mit Zukunftshoffnungen auf Restitution
und schließlich auf sein Testament vertröstet, womit Frie drich sich nicht zu⸗
frieden geben konnte. Dann mußte im Jahre 1812 der Geheimrat Kunckell,
Oberhofmeister der Kurfürstin, im Auftrag des Kurfürsten ein Arrangement
entwerfen, das aber nach Friedrichs Ansicht in solchen „termes injurieux“
abgefaßt war, daß er sich entschieden sträubte es zu unterzeichnen, obwohl
Landgraf Carl, der freilich in erheblich günstigerer Lage war, es anzu⸗
nehmen riet. So entschloß Friedrich im Jahre 1813 sich zu einem zweiten
Besuch in Prag, um den Kurfürsten umzustimmen.
Die politischen Verhältnisse hatten sich inzwischen stark geändert. Der
russische Feldzug der großen Armee war gescheitert, Napoleons Stern fing
an zu erblassen. In Preußen hatte der Freiheitskampf (eigentlich schon mit
Horcks Abfall von Napoleon) begonnen, und in Deutschland fing es aller⸗
orten an zu gähren. In den kritischen Tagen des März 1813 reiste Land⸗
graf Friedrich von Frankfurt ab. Das Ziel seiner Reise wurde nicht
offiziell bekannt gegeben und auch in seinen Briefen, die ja „intercipirt
werden konnten, nur verschleiert angedeutet. Er reiste diesmal durch Süd—
deutschland nach Wien, wo er am 22. März eintraf und im Römischen
Kaiser abstieg. Trotz seiner Klagen über das teure Pflaster blieb er vier
Wochen in der Kaiserstadt, die, noch unberührt vom Kriege, ein reges ge—
sellschaftliches Leben und Treiben zeigte, in dem der Landgraf sich schnell
einlebte. Er machte viele Besuche, erneuerte alte und machte neue Bekannt⸗
schaften. Der rote Frack seiner dänischen Generalsuniform war bald in allen
ersten Häusern der Gesellschaft zu sehen. Der leichte, gefällige Wiener Ton
und die süddeutsche Liebenswürdigkeit sagten dem Landgrafen ungemein zu,
„Une fois rentré dans mes éêtats et droits je ne frustrerai mes chers frères
d'aucune facon de ce que je seur ai promis et de ce din leur rerient de Ireites
de justice“ cPrag 9. Febr. 1813.)