Full text: Aus dem Leben des Landgrafen Friedrich von Hessen auf Rumpenheim: 1747-1837

Reise nach Kopenhagen 1810 
zosen nichts bekannt geworden zu sein; man ließ ihn unbehelligt, wenn er 
auch in seinem Auftreten Zurückhaltung und Vorsicht zeigen mußte. Es kam 
ihm dabei sehr zu gute, daß Dalber g, der 1810 Großherzog von Frank⸗ 
furt und damit sein „Souverän“ wurde, ihm wohlgewogen war und großes 
Verständnis für seine Lage zeigte. 
Nur die finanzielle Not drückte den Landgrafen mit seiner großen Familie 
sehr. Vergebens hatte er brieflich versucht, von seinem Bruder, dem Kur⸗ 
fürsten, seine Apanage und sonstige Unterstützung zu erhalten. Als alle 
brieflichen Vorstellungen nichts nützten, beschloß er im Juni 1810, ihn per⸗ 
sönlich in Prag aufzusuchen, wohin der Kurfürst 1808 von Holstein aus 
weitergeflohen war. Er verband damit eine Reise nach Kopenhagen, wo sein 
ältester Sohn Wilhelm sich eben mit der Prinzessin Charlotte, einer 
Tochter des 1805 verstorbenen Erbprinzen Friedrich von Dänemark, verlobt 
hatte. Die Reise, auf der ihn sein 20 jähriger Sohn Fritz begleitete, führte 
über Gotha, wo man die alte Kurfürstin besuchte, die seit der Flucht aus 
Cassel bei ihrer Tochter, der Herzogin Caroline lebte. In Hamburg besuchte 
der Landgraf den 81 Jahre alten General Köller-Banner, der beim 
Sturze Struensees eine Hauptrolle gespielt hatte, und in Luisenlund den 
Landgrafen Carl, der recht alt geworden war. Bei der Landung auf Fünen 
gab es großen Empfang durch dänische Offiziere. Der Landgraf wurde im 
Dunkeln halb noch im Schlafe aus dem Reisewagen geholt, verlor dabei 
noch einen Pantoffel, und —VD— daß man ihn mit 
seinem Bruder Carl, dem Statthalter von Schleswig verwechselt hatte. 
Nach dieser tragikomischen Episode, die Prinz Fritz mit Humor nach Hause 
berichtete, wirkte der eigentliche Empfang in Kopenhagen am 17. Juli um 
so herzlicher. Mit tiefer Rührung betrat Friedrich das dänische Königsschloß, 
das er vor 42 Jahren zuletzt gesehen hatte. König Friedrich VI. er⸗ 
nannte ihn zum dänischen General und verlieh ihm den Elefantenorden? 
Auch die Königin Marie zeigte sich als eine „excellente Nichte“, die den 
alten Onkel mit der größten Liebenswürdigkeit umgab und alte Hanauer 
Erinnerungen mit ihm auffrischte. Die enge Generalsuniform war freilich 
unbequem, und der schwere Säbel genierte sehr, bis Prinz Wil hel m dem 
Vater mit seinem leichteren Galasäbel aushalf. Bei der Bekanntschaft mit 
der zukünftigen Schwiegertochter waren beide Teile anfangs etwas em— 
barassẽ. Charlotte machte den Eindruck einer „petite jolie, fort in- 
téressante, fort naturelle, mais nullement le ton du monde“. Da sie ab⸗ 
solut keine beautẽ war, konnte Friedrich zuerst eine gewisse Verwunderung nicht 
unterdrücken, daß Wilhelm mit seinem charactère gay et léger sich in sie 
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