Full text: Aus dem Leben des Landgrafen Friedrich von Hessen auf Rumpenheim: 1747-1837

Friedrichs Söhne Kurproklamation 1803 
schickte seiner Frau, die sich wieder hatte entschuldigen lassen, ein Stück vom 
Strumpfband der Braut. 
Um die Zukunft seiner eigenen Kinder besorgt, hatte Frie dr ich oft den 
Versuch gemacht, seinen Bruder, den Landgrafen, für sie zu interessieren; aber 
Wilhelm M. zeigte sich immer sehr reserviert, venn man etwas von ihm 
wollte. Des halb entschloß sich Friedrich im September 1797 dazu, nach der Pfalz 
ins Hauptquartier des Erzherzogs Carl zu reisen, den er 1793 in Maastricht 
kennen und schätzen gelernt hatte. Die berühmten Gärten von Schwetzingen 
boten einen wüsten und öden Eindruck, und die Stimmung der Osterreicher 
gegen die Reichsfürsten, die sich — wenn auch notgedrungen, wie der hessische 
Landgraf — dem reichsverräterischen Frieden von Basel angeschlossen hatten, 
war nicht die beste. So wurde nichts aus dem geplanten Eintritt der jungen 
Prinzen in kaiserliche Dienste. Dagegen erreichte Friedrich, daß sein dritter Sohn 
Fritz in diesem Jahr 1797 ein Kapitänspatent für das preußische Regiment 
„Landgraf von Hessen“ in Wesel erhielt. Die beiden älteren Prinzen Wil helm 
und Carl waren schon seit 1792 nominell Kapitäns in der niederländischen bezw. 
dänischen Armee. Als Carl 1802 zu Rumpenheim starb, vertauschte Wilhelm 
die bedeutungslos gewordene niederländische Uniform mit der dänischen, die 
er bis zu seinem Lebensende trug. Als er sich in ihr zum ersten Male beim 
Besuch des preußischen Königspaars in Wilhelmsbad'! (Juni 1803) präsentierte, 
wurde er garnicht erkannt, und die Königin Luise fragte verwundert seinen 
Vater: „Wer ist denn der große rote Mensch da?“ 
Friedrich hatte die Königin zuerst im Juni 1799 zu Cassel kennen gelernt, 
als Friedrich Wilhelm III. mit seiner Gemahlin dort dem Landgrafen 
seinen Antrittsbesuch machte. Das waren heiße, aufregende Tage gewesen, in 
denen Friedrich den von den Repräsentationspflichten stark mitgenommenen 
Bruder unterstützte. „Ich werde 14 Tage lang davon zu erzählen haben“ 
schrieb er nach Hause. Auch er war wie alle Welt bezaubert von dem Lieb—⸗ 
reiz der charmanten Königin, deren frühen Tod er später aufrichtig beklagte. 
Im Jahre 1803 erreichte Landgraf Wil hehim ILX. das lang ersehnte Ziel 
seines Strebens, den Rang und die Würde eines Kurfürsten des Hl. Römischen 
Reiches. Seine beiden Brüder Carl und Friedrich waren damals in 
Cassel, um an der großartigen Feier der Proklamation der Kurwürde teil⸗ 
zunehmen. Bei dieser Gelegenheit verlieh der neue Kurfürst dem Prinzen 
Wilhelm, dem ältesten Sohn Friedrichs, das oberhessische Lehngut Flecken— 
Alis eine besondere Wichtigkeit teilte Friedrich seiner Frau damals mit, daß die Prinzen 
Wilhelm und Fritz (16 und 15 Jahre alt) bei der Festtafel Champagner trinken mußten, 
rügte aber zu ihrer Beruhigung hinzu, daß ein einziges Glas ihnen wohl nicht schaden würde.
	        
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