Friedrichs Söhne Kurproklamation 1803
schickte seiner Frau, die sich wieder hatte entschuldigen lassen, ein Stück vom
Strumpfband der Braut.
Um die Zukunft seiner eigenen Kinder besorgt, hatte Frie dr ich oft den
Versuch gemacht, seinen Bruder, den Landgrafen, für sie zu interessieren; aber
Wilhelm M. zeigte sich immer sehr reserviert, venn man etwas von ihm
wollte. Des halb entschloß sich Friedrich im September 1797 dazu, nach der Pfalz
ins Hauptquartier des Erzherzogs Carl zu reisen, den er 1793 in Maastricht
kennen und schätzen gelernt hatte. Die berühmten Gärten von Schwetzingen
boten einen wüsten und öden Eindruck, und die Stimmung der Osterreicher
gegen die Reichsfürsten, die sich — wenn auch notgedrungen, wie der hessische
Landgraf — dem reichsverräterischen Frieden von Basel angeschlossen hatten,
war nicht die beste. So wurde nichts aus dem geplanten Eintritt der jungen
Prinzen in kaiserliche Dienste. Dagegen erreichte Friedrich, daß sein dritter Sohn
Fritz in diesem Jahr 1797 ein Kapitänspatent für das preußische Regiment
„Landgraf von Hessen“ in Wesel erhielt. Die beiden älteren Prinzen Wil helm
und Carl waren schon seit 1792 nominell Kapitäns in der niederländischen bezw.
dänischen Armee. Als Carl 1802 zu Rumpenheim starb, vertauschte Wilhelm
die bedeutungslos gewordene niederländische Uniform mit der dänischen, die
er bis zu seinem Lebensende trug. Als er sich in ihr zum ersten Male beim
Besuch des preußischen Königspaars in Wilhelmsbad'! (Juni 1803) präsentierte,
wurde er garnicht erkannt, und die Königin Luise fragte verwundert seinen
Vater: „Wer ist denn der große rote Mensch da?“
Friedrich hatte die Königin zuerst im Juni 1799 zu Cassel kennen gelernt,
als Friedrich Wilhelm III. mit seiner Gemahlin dort dem Landgrafen
seinen Antrittsbesuch machte. Das waren heiße, aufregende Tage gewesen, in
denen Friedrich den von den Repräsentationspflichten stark mitgenommenen
Bruder unterstützte. „Ich werde 14 Tage lang davon zu erzählen haben“
schrieb er nach Hause. Auch er war wie alle Welt bezaubert von dem Lieb—⸗
reiz der charmanten Königin, deren frühen Tod er später aufrichtig beklagte.
Im Jahre 1803 erreichte Landgraf Wil hehim ILX. das lang ersehnte Ziel
seines Strebens, den Rang und die Würde eines Kurfürsten des Hl. Römischen
Reiches. Seine beiden Brüder Carl und Friedrich waren damals in
Cassel, um an der großartigen Feier der Proklamation der Kurwürde teil⸗
zunehmen. Bei dieser Gelegenheit verlieh der neue Kurfürst dem Prinzen
Wilhelm, dem ältesten Sohn Friedrichs, das oberhessische Lehngut Flecken—
Alis eine besondere Wichtigkeit teilte Friedrich seiner Frau damals mit, daß die Prinzen
Wilhelm und Fritz (16 und 15 Jahre alt) bei der Festtafel Champagner trinken mußten,
rügte aber zu ihrer Beruhigung hinzu, daß ein einziges Glas ihnen wohl nicht schaden würde.