Full text: Aus dem Leben des Landgrafen Friedrich von Hessen auf Rumpenheim: 1747-1837

Belagerung von Maastricht 1794 15 
Friedr ich durch Bauern und scheinbare Deserteure Nachrichten nach außen 
zu bringen und ebensolche einzuholen, aber alle diese Versuche mißglückten. 
Der Ring war fest geschlossen, man war gänzlich von der Außenwelt abge— 
schnitten. Unter dem Vorwand, einen widerrechtlich gefangenen Jäger zu 
reklamieren, sandte Friedrich am 14. Oktober den Kapitän Stephanini 
an Kleber, der mit seinen Offizieren in Petersheim an der Tafel saß. Die 
Nachrichten, die der Kapitän hier hörte und mitbrachte, waren nicht geeignet 
die Stimmung der Besatzung zu heben. Herzogenbusch war gefallen, Clerfayt 
geschlagen, Jülich genommen, Düsseldorf sollte niedergebrannt, Köln, Bonn 
und Koblenz in französischen Händen sein! So stand es in der Lütticher Zei⸗ 
tung, die in Petersheim auf dem Tisch lag. Trotz dieser Hiobspost lehnte der 
Gouverneur eine neue Aufforderung Klebers zur UÜbergabe ab. An seine 
Frau schrieb er, daß er selber keine Hoffnung mehr habe; den Osterreichern 
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Mut zu heben. Um sich selber aufzurichten, las er jeden Tag in Starcks An⸗ 
dachtsbuch und in der Bibel und schrieb seiner Frau die Stellen ab, die ihn 
besonders stärkten!. Da die französische Kirche, die er sonst zu besuchen pflegte, 
in ein Arsenal umgewandelt war, so hörte er die Predigt des Pfarrers Payen 
im Mennonitenbetsal, „einer kleinen Kammer, wo sich der Rest unserer Gemeinde 
in Zerknirschung zusammenfand und viele Tränen vergoß. Auch Payen 
konnte seine Tränen nicht zurückhalten, es war eine rührende Feier. Auch 
ich habe viel geweint, aber doch besser meine Fassung bewahrt, als die übrigen“. 
Bald hörten aber auch diese Gottesdienste auf, da bei dem heftigen Bom⸗— 
bardement sich niemand mehr auf die Straße wagte. 
Friedrichs Aufgabe gegenüber den Osterreichern, die das zahlenmäßige Uber⸗ 
gewicht in der Garnison hatten und ihm doch unterstellt waren, war keine 
leichte. Sein anfänglich gutes Verhältnis zu dem General v. Klebeck mußte 
darunter leiden, daß dieser seine Truppen möglichst schonen wollte, darum 
Ausfällen abgeneigt war und mehrfach Lust bezeigte, die Festung preiszu⸗ 
geben, um durch eine günstige Kapitulation wenigstens sein Korps für den 
Kaiser zu retten. Es gab heftige Szenen im täglichen Kriegsrat, die den 
Prinzen so angriffen, daß er ernstlich krank zu werden fürchtete und ein paar 
Tage lang das Bett hüten mußte, ohne bei dem Geschützdonner Schlaf fin⸗ 
den zu können. Als sein Befinden sich besserte, ließ er sich wieder täglich 
auf der Straße und auf den Wällen sehen, um durch sein Beispiel den sinken⸗ 
den Mut der Besatzung zu heben. Als das Gouvernementsgebäude zwei 
Sein Lieblingslied in diesen Tagen war der Gellertsche Choral „Auf Gott und 
nicht auf meinen Rat“.
	        
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