Rückzug der Kaiserlichen über die Maas 1794
Trotz seines hohen militärischen Ranges war er im Grunde genommen keine
sehr kriegerische Natur, wenn er auch aus dem Haag seinem ältesten Jungen
zu dessem Jubel einen „richtigen Hessensoldaten“ mit Schilderhaus mitbrachte.
Dumouriez hatte nicht so Unrecht, als er (13. Febr. 1793) an Miranda schrieb:
Le prince de Hesse-Philippsthal (l) qui y commande n'est point du
tout militaire. In den Briefen an seine Frau gesteht Friedrich dies auch öfters
ein und bekannte einmal: Je serais mille fois plus heureux dans le sein
de l'amour et de l'amitié en famille que dans la politique et les
horreurs de la guerre. Dennoch sollte er die Schrecken des Krieges noch
einmal in besonderem Maße erleben.
Das Kriegsglück war den Verbündeten nicht treu geblieben. Ihre uneinige
Führung war der neuen Kriegskunst und der revolutionären levée en masse
nicht gewachsen. Dazu störte die hinterhaltige Politik Preußens! die Operationen
der Verbündeten. Die Schlacht bei Fleurus besiegelte den Verlust Belgiens,
und die kaiserliche Armee flutete nach der Maas zurück. Wieder war Maastricht
bedroht. Die Braunschweiger hatten im April 1794 die Festung verlassen; an
ihrer Stelle war eine ganz unzureichende niederländische Besatzung von noch
nicht 2000 Mann getreten. Der Gouverneur berichtete mehrfach über die
gefährdete Situation nach dem Haag und erklärte, daß er ohne ausreichende
Hilfe der Verbündeten gezwungen sein werde, die Festung, wegens manquement
aan garnisoen en geschut“ preiszugeben. Die Hochmögenden hatten dann auch
geantwortet, daß er unter Umständen den Platz räumen solle, wenn die sterreicher
ihn nicht genügend unterstützten. Als diese am 22. Juli bei Maastricht über
den Fluß gingen, da setzte Frie drich durch, daß der General Kray mit
etwa 10 000 Mann in der Nähe blieb, wobei freilich die Umgebung furchtbar
unter den Requisitionen und Plünderungen der Soldateska litt. „Die Oster⸗
reicher fressen uns auf“ klagte Friedrich, aber er war doch sehr froh über
ihre Gegenwart und hoffte sogar mit ihrer Hilfe „de sauver cet état et
peut être Allemagne en conservant la Meuse“.
Die Erinnerung an die Schrecknisse des vorjährigen Bombardements ver⸗
anlaßte den Prinzen, seine Frau und Kinder diesmal rechtzeitig in Sicherheit
zu bringen. In Begleitung seines Adijutanten und Stallmeisters vBufttlar?
,„La conduite abominable des Prussiens est la cause primitive de nos malheurs,
espere qu'ils en seront punis“ schrieb Friedrich damals.
2 Wilh. Vietor Treusch v. Buttlar 1762 1847. Dieser gewandte Hofmann und Soldat
begann als Leibpage der Landgräfin Philippine, war später Adjutant des hessischen Kur—
prinzen, dann Préfet du Palais des Königs Jerome, westfälischer Gesandter und schließlich
braunschweigischer General und Vertrauter der Herzöge Carl und Wilhelm. Als Kommandant
von Wolfenbüttel heiratete er 8o jährig Henriette v. Bosse, die chemal. Braut Ernst Kochs, der
wir den „Prinzen Rosa Stramin“, die köstlichste Perle der hessischen Litteratur verdanken.