Full text: Aus dem Leben des Landgrafen Friedrich von Hessen auf Rumpenheim: 1747-1837

. Kinderjahre 1747 — 60 
anziehendste, sympathischste Gestalt der drei Brüder war und ihn sein 
Lebensweg, wie die nachfolgenden Blätter zeigen wollen, durch einen be⸗ 
wegten Abschnitt deutscher und europäischer Geschichte führte. 
Prinz Friedrich von Hessen wurde am 11. Sept. 1747 zu Cassel 
geboren, zu einer Zeit, da sein Vater an der Spitze der hessischen Armee 
in Brabant kämpfte. Mit seinen beiden älteren Brüdern zusammen ver⸗ 
lebte er die ersten Lebensjahre in Cassel unter der Obhut seiner Mutter 
Marie'!, der Tochter König Georgs II. von England, die in vorbildlicher 
Weise ihre Erziehung leitete und auch noch überwachte, als politische Rück— 
sichten Mutter und Kinder trennten. Im Herbst 1754 wurde in Cassel 
bekannt, daß der Erbprinz Friedrich, der Vater der drei Prinzen, schon 
vor fünf Jahren heimlich zur katholischen Kirche übergetreten war. Man kann 
sich vorstellen, welche furchtbare Uberraschung und Bestürzung diese Ent⸗ 
deckung an dem streng reformierten Hof des alten Landgrafen Wilhelms VIII. 
und in der ganzen landgräflichen Familie verursachte, wird auch verstehen, 
daß der alte Landgraf alles tat, um durch eine als hessisches Staatsgrund⸗ 
gesetz verkündigte sog. Assekurations-Akte die gefürchteten Folgen von dem 
Lande Philipps des Großmütigen abzuwenden. Schwerer zu begreifen ist, 
daß dazu auch die Entfernung seiner Enkel gehörte, die schon im Dezember 
desselben Jahres Cassel und Hessen für unabsehbare lange Zeit verlassen 
mußten. Unter der Obhut ihrer Erzieher, des landgräflichen Stallmeisters 
v. Wittorff und des Schweizers Sévery gingen sie zuerst nach Göt— 
tingen, wo sie zwei Jahre blieben. Als dann der Siebenjährige Krieg aus— 
brach, hielt Wilhelm VIII. seine Enkel auch hier nicht mehr für sicher. 
Ende 1756 fanden sie eine neue Zufluchtsstätte am dänischen Hof zu Kopen⸗ 
hagen, der sich dadurch besonders empfahl, daß der älteste der drei Prinzen 
zum Gemahl der Prinzessin Caroline von Dänemark bestimmt war. In Kopen⸗ 
hagen trat der Generalmajor Graf Keyserlingk, ein Kurländer, als Gouver⸗ 
neur an die Stelle des nach Cassel zurückkehrenden Wittorff. Den sehr gründ⸗ 
lichen wissenschaftlichen Unterricht der Prinzen leitete der Rat Ledderhose 
aus Hersfeld und der aus einer Casseler Réfugiéfamilie stammende Pro⸗ 
fesser Simon Causid, der besonders Friedrichs Erziehung übernahm. 
Der Tod Landgraf Wilhelms VIII. (3. Febr. 1760) und der Regierungs⸗ 
antritt ihres Vaters, des Landgrafen Frie drich II., änderte nichts an der 
Lebensweise der drei Prinzen, höchstens daß ihre Mutter, die nunmehrige (von 
1 VBgl. über sie: Erich Meyer, Marie Landgräfin von Hessen. Gotha 1894. Die Per— 
sönlichkeit und Regierungszeit ihres Gemahls, des Landgrafen Friedrich Il. hat bisher noch 
keine einigermaßen ausreichende Darstellung gefunden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.