Die Geschichte der letzten vier Jahrzehnte des Kurfürstentums Hessen
ist untrennbar verbunden mit der Geschichte der hessischen Landstände.
Seitdem im Jahre 1830 der Konstitutionalismus in Hessen Eingang
gefunden hatte, spielte sich die innere Entwickelung des Landes im wesent—
lichen in der Form eines Rechtsstreites zwischen Regierung und Landständen
ab, der von beiden Seiten oft um recht geringfügige Dinge mit der größten
Ausdauer und zuweilen mit der schärfsten Erbitterung geführt wurde.
Wie die meisten langwierigen Prozesse, so hatte auch dieser in den ver—
schiedenen Stadien ein verschiedenes Aussehn. Einmal gewannen die Stände,
dann wieder die Regierung, einmal siegte die „Revolution“, dann wieder
die „Reaktion“, schließlich rieben sich beide Parteien dabei so auf, daß
ein eigentlich unbeteiligter Nachbar den Prozeß gewann und Parteien und
Kampfobjekt in die Tasche steckt. Man mag nun bei der Betrachtung
dieses jahrzehntelangen Kampfes die Ausdauer des hessischen Rechtsvolkes
bewundern oder es beklagen, daß die „lederne Zähigkeit der hessischen
Prozessierhaut“ dem Lande wenig Nutzen brachte und nur die fremden
Advokaten anlockte, immerhin wird man den Persönlichkeiten sein Interesse
nicht versagen können, die als Mitglieder der Ständekammer im Vorder—
grunde des Kampfes standen. Einst waren ihre Namen in aller Mund
in Hessen, jetzt sind die weitaus meisten längst vergessen, ebenso vergessen
wie die Worte Konstitution und Verfassung, bei denen unsern Vaäͤtern
noch das Herz in der Brust klopfte. Die folgenden Blätter sind dazu
bestimmt, das Andenken an die Männer wieder zu erneuern und fest—
zuhalten, die seit dem Jahre 1830 nach dem Wortlaut der Verfassung
berufen waren, „das unzertrennliche Wohl des Landesfürsten und des
Vaterlandes“ zu vertreten, und dieser Pflicht, so wie ein jeder sie auffaßte,
mit mehr oder weniger Treue und Geschick gerecht wurden.
Um das nachfolgende Verzeichnis der Landstände so vollständig zu
gestalten, wie es, wie ich hoffe, geworden ist, war es nötig, die gedruckten
Landtagsverhandlungen von A bis Z durchzusehen, da leider bis in die
letzten Jahrgänge hinein keine genauen Übersichten über die Mitglieder
darin enthalten sind. Für die Personalien der einzelnen Abgeordneten