Die alten Grafen von Hanau
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graf (f 1451) sein Land unter seine beiden Soͤhne geteilt hatte, und nur
der juͤngere, mit Babenhausen abgefundene Philipp das oberrheinische
Erbe antrat, so waren seitdem zwei Linien Hanau⸗-Muͤnzenberg
and Hanau⸗Lichtenberg entstanden, die sich erst 1642 nach dem
Aussterben der aͤlteren wieder vereinigten. Der erste Regent der
dereinigten Lande, Graf Friedrich Kasimir (1641 -85) gebot uͤber
ein Gebiet von etwa 44 Quadratmeilen mit gegen 100 000 Einwohnern,
war aber so wenig zufrieden mit seiner reichen Grafschaft, daß er seine
Hand nach einer chimaͤrischen westindischen Koͤnigskrone ausstreckte, die
ihm der Ankauf von 3000 Quadratmeilen Landes am Orinoco bringen
sollte. Die Zeit füͤr solche phantastische Kolonialplaͤne war aber noch
nicht reif, und der in den Haͤnden von Abenteurern und Phantasten
steckende Friedrich Casimir war am wenigsten der Mann dazu, sie zu
verwirklichen. Sein Koͤnigstraum zerrann, und seine Nachfolger mußten
sogar erleben, daß fast die Haͤlfte ihres Gebietes, das „Hanauer Laͤnd⸗
chen“ im Elsaß, unter franzoͤsische Oberhoheit geriet. Trotzdem war das
Ansehn, das der Graf von Hanau beim Kaiser und bei den Reichsstaͤnden
genoß, so groß, daß Leopold J. dem Neffen und Nachfolger Friedrich
Casimirs, dem Grafen Philipp Reinhard, 16096 die Erhebung in
den Reichsfuͤrstenstand anbot. Doch Philipp Reinhard (1685 - 1712)
konnte nicht einsehn, daß dies eine wirkliche Standeserhoͤhung fuͤr ihn
bedeute, und zog es vor, lieber der erste Graf des Heiligen Roͤmischen
Reiches zu bleiben, als dessen letzter Fuͤrst zu werden. Er war sehr stolz
auf diese Stellung und bei einem Besuch in Berlin zur Investitur des
Schwarzen Adlerordens aͤngstlich darauf bedacht, „seinen reichsstaͤndischen
dignitaeten und juribus, wie auch dem lustre vom alltgraͤflichen
Hause, zumal als Director von dem hochgraͤflichen Wetterauischen
Collegio“ nichts zu vergeben. Dem kinderlosen folgte in der Regiexung
sein Bruder Johann Reinhard (1712-36), der bis dahin die
Grafschaft Hanau⸗Lichtenberg allein verwaltet hatte, und dieser war
der letzte des alten Geschlechtes. Sein einsames Sterbebett umstanden
Fremde, die schon lange auf die Erbschaft lauerten: der hessen⸗casselsche
Geh. Legationsrat Rau v. Holzhausen und der hessen⸗-darmstaͤdtische
Regierungsrat Teufel v. Birkensee und deren Begleiter. Stadt und
Schloß, alle Treppen und Gaͤnge desselben bis vor die Tuͤre des
Sterbezimmers waren mit hessen⸗casselschen Truppen stark besetzt, die
schon seit 1724 zur Sicherung der Casseler Anspruͤche in Hanau lagen.
Diese Anspruͤche gruͤndeten sich auf den Erbvertrag von 1648, den die
Landgraͤfin Amelie Elisabeth mit Friedrich Casimir und seinen