Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Einzug in Hanau 
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blaugallonierten Roͤcken und rothen Westen unter Oberstleutnant Diet⸗ 
lein fiel ebenfalls sehr artig in die Augen.“ An der Grenze des 
Stadtgebietes wartete man „in stiller Ehrfurcht.. Als dann die von 
einer Menge jauchzender und frohlockender Untertanen umgebene Karosse 
ankam, uͤberreichten saͤmtliche Chefs auf Atlas gedruckte Gluͤckwunsch⸗ 
gedichte,) und nach einigen gnaͤdigen Dankesworten Wilhelms ging 
unter „unbeschreiblichem Jauchzen und Frohlocken und Millionen Vivat 
Wilhelm und Caroline“ der Zug weiter durch Hanau nach Philipps— 
ruhe, waͤhrend auf ein Raketensignal die Kanonen der Stadt ihr Salut⸗ 
schießen begannen. 
Ganz Hanau schwamm an diesem Tage in einem Freudentaumel. 
„O welche noch wenig gefuͤhlte Lust empfand nicht ein jeder getreue 
Unterthan, da er bei Erblickung seiner neuen Landesfuͤrstin noch weit 
mehr Vollkommenheiten entdeckte, als ihm das Geruͤcht bereits ver— 
kuͤndet hatte.“ Und die Lokaldichter stimmten ihre Harfen zu den uͤber— 
schwenglichsten Hymnen und prophezeiten ein kommendes „trajanisches 
Zeitalter“, das nun seinen Anfang nehmen werde: 
Der Fruͤhling arkadischer Tage 
Strahlt von Dir, durchlauchtigstes Paar. 
Daß Fama den Kuͤnstlern froh sage, 
Wie trostreich Dein Szepter uns war. 
Dann werden die Enkel uns preisen, 
Und Hanau, Dein praͤchtig Gedeihn 
Wird Dichtern, wird Rednern und Weisen 
Ein Tyrus der Reichtumer sein! 
1) Das des reformierten Ministerii war in carmoisin Genueser Samt mit weißem 
Atlas gefuͤttert eingebunden und wurde auf einem „von gleichem Estofe mit 4 goldenen 
Quasten und goldenem Agrement besetztem Kuͤssen praesentiert“. Es kostete aber auch 
die nicht geringe Summe von 210 fl. 4 Heller (wovon der Dichter, Sekretar Scheel 
zu Frankfurt, 40 fl. erhielt) und es war begreiflich, daß die armen reformierten 
Pfarrer, die jeder 4 fl. 6 alb. dafuͤr beisteuern mußten, uͤber diese erzwungene Aus— 
gabe wenig zufrieden waren und z. T. sogar „sich nicht erroͤtheten“ dem Konsistorium 
Notamina deswegen zu machen. (GHessenl. 1893. 117
	        
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