Traurige Flitterwochen Abschied von Kopenhagen 71
Alleinsein mit ihm zu meiden und war in Gegenwart anderer verlegen
und fassungslos. Wilhelm war außer sich uͤber ihr Benehmen und ihre
Launen, und als er aufbrauste und seinem Ärger Luft machte, da war
erst recht alles damit verdorben. Die junge Frau schwamm bestaͤndig
in Traͤnen und vermochte nur mit der groͤßten Anstrengung ihre Revbraͤ⸗
sentationspflichten zu erfuͤllen.
So begann eine Ehe, die vom ersten Augenblick an eine Strafe fuͤr
beide Gatten war, die bald sich uͤberzeugen mußten, daß sie fuͤr ein gluͤck⸗
liches Zusammenleben nicht geschaffen waren. Es ist schwer zu sagen,
wer von beiden mehr darunter gelitten hat. Von Caroline, die weit
zuruͤckhaltender war als ihr Gemahl, ist uns keine Aeußerung daruͤber
erhalten. Um so ausfuͤhrlicher und deutlicher hat Wilhelm es oft
ausgesprochen, daß das am 1. Sept. 1764 von ihm gegebene, ihn fuͤr
immer verpflichtende Jawort vor dem Altare des Herrn die Hauptursache
seiner bittersten Sorgen und seiner spaͤteren, sein Gewissen schwer be⸗
lastenden Seitenspruͤnge gewesen sei.
Der Prinz war froh, als die traurxigen Flitterwochen auf Fredens
borg zu Ende gingen. Er klammerte sich noch immer an die Hoffnung,
daß seine Ehe gluͤcklicher werden wuͤrde, wenn Caroline erst dem Ein—⸗
luß ihrer daͤnischen Umgebung entruͤckt sei und dafuͤr in die Naͤhe seiner
Mutter komme, wovon er sich sehr viel versprach. Darum draͤngte er zur Ab⸗
reise nach Hanau, zumal Marie ihm jetzt die Uebergabe der Regentschaft
in seine Haͤnde bestimmt in Aussicht gestellt hatte. Am 19. Sept. nahm
das erbprinzliche Paar Abschied von Fredensborg. Besonders schwer
wurde der jungen Frau die Trennung von ihrer Schwester Luise,
mit der sie zusammen aufgewachsen und erzogen war. Auch Koͤnig
Friedrich V., der seinem Schwiegersohn eine kostbare Diamanttaba—⸗
tiere mit seinem Bilde zur Exinnerung an Kopenhagen verehrte, war
tiefgeruͤhrt, er mochte wohl fuͤhlen, daß es ein Abschied fuͤrs Leben sei.
Ganz aufgeloͤst in Traͤnen und Schmerz kam die arme junge Frau
in Kopenhagen an, wo man noch einen großen Abschiedsball beim
Kronprinzen uͤber sich ergehen lassen mußte. Am 21. sah sie die Tuͤrme
ihrer schoͤnen Vaterstadt zum letzten Male. Stumm und in sich ge—
kehrt saß Karoline auf der ganzen Reise in dem zweisitzigen Wagen
neben ihrem Gemahl, der bald seine vergeblichen Versuche, sie aufzu⸗
heitern und zum Reden zu bringen, einstellte und ebenso wie seine Frau
die ganze lange Fahrt als eine wahre Tortur empfand. Im starken
Kontrast zu dieser gedruͤckten Stimmung des jungen Paares standen
die feierlichen Empfaͤnge und begeisterten Begruͤßungen, die gar nicht