68 Versoͤhnungsschritt des Landgrafen Festtage in Kirchheimbolanden
gefoͤrderte Salzwerk am Johannisberg besichtigt wurde, und verweilte
auch eine Zeit lang in Steinau und Bieber, dessen Erz⸗ und Kobalt—⸗
gruben seit 1736 wieder von der Landesherrschaft üͤbernommen waren.
So anerkennenswert auch die Bemuͤhungen Mariens waren, ihrem
Sohne durch diese Reisen die Wege zu ebnen und durch Bekanntschaft
mit Land und Leuten ihn Verbindungen anknuͤpfen zu lassen, die ihm
nur nuͤtzlich sein konnten, so bedauerlich war daneben der gehaͤssige Trotz,
womit sie gerade in dieser Zeit die ihr und ihren Soͤhnen noch ein—
mal dargebotene Hand ihres Gemahls zurüuͤckstieß. Im Juli 1768
kam Landgraf Fried rich II. durch Frankfurt und sandte den in seinem
Dienst befindlichen Geheimrat Friedr. Karl v. Moser nach Hanau
mit der Einladung ihn dort zu besuchen. Die Soͤhne waren nicht ab⸗
geneigt, der Aufforderung ihres Vaters Folge zu leisten, aber Marie
lehnte sie schroff ab. Der Landgraf war mit Recht tief verletzt und machte
seitdem nie wieder einen Versuch, sich seiner Frau und seinen Kindern
zu naͤhern.
Eine große Freude fuͤr die Prinzen brachte die Nachricht von der
Ankunft des nassauischen Fuͤrstenpaares in Weilburg. Sie zoͤgerten
keinen Augenblick, die hollaͤndischen Freunde in ihrer deutschen Stammes—
residenz zu besuchen, und als im Herbste Fuͤrst Carl mit seiner jungen
Frau nach seinem gewohnten Sommersitz, dem pfaͤlzischen Schlosse
Kirchheim⸗ Bolanden, uͤbersiedelte, da folgten sie ebenfalls einer Ein—
ladung dorthin. Hier am Fuße des Donnersberges haͤtte sich eine junge
Fuͤrstengesellschaft zusammengefunden, in der die lustigen Graͤfinnen von
Leiningen mit ihrer Schwester, der Fuͤrstin v. Nassau-Usingen,
den tonangebenden Mittelpunkt bildeten. Man machte „tausend Dumm⸗
heiten“, tanzte, spielte und veranstaltete als Gipfel des Amuͤsements
eine sog. Mopsloge,) bei der sich besonders Carl, der spaͤtere be—
geisterte Freimaurer, in seiner ganzen jugendlichen Ausgelassenheit zeigte.
Als die hessischen Prinzen nach diesen froͤhlichen Pfaͤlzer Tagen
nach dem stillen Hanau zuruͤckkehrten, da war der Kontrast zu groß
fur den Erbprinzen. Die Arbeit unter der Kontrolle der Landgraͤfin
und Verschuers machte ihm keine Freude, er sah sich uͤberall uͤber⸗
1) Diese Mopslogen waren eine Nachahmung der Mysterien der Freimaurerei.
Die Mitglieder nannten sich „Moͤpse“ und mußten den Novizen durch moͤglichst natur—
getreues Knurren und Wauwauen erschrecken, bis der „Obermops“ dem Neuling die
Binde von den Augen nehmen ließ. Der Satanskult, den katholische Autoren in den,
auch weibliche Mitglieder aufnehmenden Mopslogen gewittert haben (vogl. Civiltà
Caitolica XVI. 7 S. 666 ff.) gehoͤrt sicher in das Gebiet der Phantasie.