Wilhelm und Caroline auf Fredensborg 1762 55
Lorbeeren gesammelt zu haben, im August in seine Hauptstadt zuruͤck⸗
kehren.
Waͤhrend der Abwesenheit des Koͤnigs war der hessische Erbprinz
gezwungen, der Koͤnigin Ju liane und ihren Stieftoͤchtern auf Fredens⸗
borg Gesellschaft zu leisten. Bei der ausgesprochenen Abneigung der
Koͤnigin, die Wilhelm ebenso erwiderte, war dies keine angenehme
Aufgabe für ihn, der sowieso in dem Trubel des ihm verhaßten daͤnischen
Hoflebens „oft Blut und Wasser schwitzte“. Aber diese Sommermonate
sollten nach dem Wunsche des Koͤnigs dazu dienen, den Prinzen
der Prinzessin Caro line etwas naͤher zu bringen. Bisher haͤtten die
beiden jungen Menschenkinder, die das Gebot der hohen Politik fuͤr ein⸗
ander bestimmt hatte, sich noch recht wenig kennen gelernt. In der In—
struktion fuͤr Keyserlingk hieß es ausdruͤcklich, der Gouverneur solle „in
Anbetracht der zwischen Ihrer Koͤnigl. Hoheit der Prinzessin Caroline
und unserem aͤltesten Enkel beabsichtigten Heirath es einzurichten suchen,
daß keine Vertraulichkeiten zwischen beiden vorkommen, wenn sie sich zu⸗
sammen befinden, den letzteren aber anhalten, der Prinzessin immer die
schuldige Hochachtung und Aufmerksamkeit zu bezeigen und fuͤr sie alle
Hoͤflichkeit zu haben, die ihr zu erweisen, ihm eine Ehre sein muß.“
Die Erzieherin Carolinens hatte wohl eine aͤhnliche Instruktion erhalten,
aund so war dafuͤr gesorgt, daß der durch die Hofetikette sowieso erschwerte
Verkehr der beiden Kinder nicht sehr vertraulich werden konnte. In der
Tat hatte sich Wilhelm in den ersten Jahren in Kopenhagen um die
Prinzessin so gut wie gar nicht gekuͤmmert. Erst der Sommer in Fredens⸗
borg brachte darin eine Anderung, und Wilhelm fing an, seine Zu—
kuͤnftige sich etwas naͤher anzusehen.
Die Prinzessin Caroline war noch ein rechtes Kind, kaum 15 Jahre
alt, und ihr von Natur schuͤchternes Wesen hatte bei der kaltherzigen
Stiefmutter und unter der strengen Aufsicht ihrer Erzieherin Fraͤulein
b. Moltke sich erst recht nicht zu der ungezwungenen Frische und Natuͤr⸗
lichkeit entfalten koͤnnen, wie sie zu dem lebhaften Temperament des Erb⸗
prinzen paßte. Die hochmuͤtige Koͤnigin Juliane, die den Prinzen
oft merken ließ, welche Ehre es füuͤr ihn sei, eine daͤnische Koͤnigstochter
mal sein eigen nennen zu koͤnnen, gab sich nicht die geringste Muͤhe,
das junge Paar einander naͤher zu bringen, und so verflossen die
Sommermonate auf Fredensborg in toͤdlicher Langeweile, sodaß Wil⸗
helm aufatmete, als der Koͤnig endlich aus dem Felde zuruͤckkehrte.
Karolinens maͤdchenhafte Schuͤchternheit hatte trotzdem ihren Ein—
druck auf den Erbprinzen nicht verfehlt, und er selber draͤngte jetzt dar⸗