Wilhelm will Soldat werden
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brennender Ehrgeiz draͤngten nach einer anderen Richtung. Sein ganzes
bisheriges Leben am Hofe zu Kopenhagen kam ihm leer und unnuͤtz
vor, er sehnte sich danach, sich seines Prinzentitels auf dem einzigen
Felde wuͤrdig zu zeigen, wo dies seiner Ansicht nach geschehen konnte,
auf dem Felde der Ehre. Fuͤr sein Leben gern haͤtte er als Freiwilliger
an einem der Feldzuͤge teilgenommen, die damals Deutschland durchwogten.
Das schrieb er seiner Mutter, mit der wiederholten dringenden Bitte,
ihn doch endlich wirklich Soldat werden zu lassen, da ihm die dekorative
Wuͤrde eines nominellen Chefs zweier hessischer Regimenter schon lange
nicht mehr genuͤgte.
Die Landgraͤfin wollte von alledem nichts wissen. Sie war weder
eine kriegerische noch militaͤrische Natur und erkannte in dem Wunsche
des Sohnes nur ein Erbteil des Vaters, dessen Vorliebe fuͤr seine
soldatischen ,Puppen“ ihr zugleich laͤcherlich und widerwaͤrtig war. Mit
allen moͤglichen Argumenten suchte sie ihren Sohn umzustimmen, zitternd
vor dem Gedanken, daß Wilhelm als Teilnehmer am Kriege in Deutsch⸗
land mit dem Landgrafen in Beruͤhrung kommen koͤnne. Sie hatte
zwar nichts dagegen, daß ihre juͤngeren Soͤhne in den daͤnischen Mili—
taͤrdienst traten — Carl war bereis seit Februar 1760 Chef des Regi⸗
mentes Falster und Friedrich wenigstens Oberst à la suite der
Armee — aber Wilhelm sollte auf keinen Fall das ihm von dem
Koͤnige mehrfach angebotene Offizierspatent annehmen. „Du bist ein
Narr! bildest du dir denn ein, ein fahrender Ritter zu sein?“ ant⸗
wortete sie ihm und suchte ihm mit Berufung auf seinen Fuͤrstenstolz
klar zu machen, daß es eines hessischen Erbprinzen unwuͤrdig sei,
Untertan eines fremden Monarchen zu werden und sein Erstgeburtsrecht
fuͤr eine Muskete zu verkaufen. Mit blutendem Herzen mußte Wil—
helm auf seinen Plan verzichten und schob die Schuld seines Miß—
lingens auf den wachsenden Einfluß der Ratgeber der Landgraͤfin
Verschuer und Hein, von welchen der letztere nach dem Tode Wil—
helms VIII. auch in den Dienst Mariens getreten war, da er als
geistiger Urheber der Assekurationsakte keine Aussicht hatte, sich Friedrichs II.
Gunst und Gnade zu erwerben.
Der verhaßte Verschuer war auch wieder in Begleitung der Land⸗
graͤfin, als diese im Herbst 1761 noch einmal nach Kolding fuhr, um
ihre Soͤhne zu sehn und mit ihnen ihre Lage zu besprechen. Noch immer
war keine Aussicht, nach Hanau zu gehn, vielmehr fuͤhlte sich Marie
jetzt sogar in Kelle nicht mehr vor den Franzosen sicher und war im
Begriffe, ihre Residenz noch weiter nach Nordosten, nach dem Jagd⸗