4. Der Erbprinz bis zur Reise nach Holland
1760 63
De Wechselfaͤlle des Siebenjaͤhrigen Krieges hatten den alten Land—
grafen Wilhelm VIII., der mehrmals die Ruͤckkehr nach Cassel
plante, von Rinteln (wo er vom Februar bis Juni 1759 weilte)
wieder nach Bremen und von dort im Sommer nach Hamburg ge—
trieben. Sein ungluͤckliches Land war nach der Schlacht von Bergen
(13. April) dem Feinde wieder voͤllig preisgegeben, und Cassel am 11.
Juni 1759 zum dritten Male binnen zwei Jahren von den Franzosen
besetzt worden. Aber der rasche Siegeszug Ferdinands von Braun—⸗
schweig und der glorreiche Sieg der Verbuͤndeten bei Minden (1. August)
berjagte sie wieder, und am 30. September konnten auf Befehl des
Landgrafen in den Kirchen Hessens Danklieder zum Allerhoͤchsten auf⸗
steigen fuͤr die Befreiung des Vaterlandes. Wieder brach der alte
Fuͤrst im Oktober von Hamburg nach Suͤden auf. Aber krank und
schwach wie er war, kam er nur bis Rinteln, wo er blieb, um wenigstens
auf hessischem Boden zu sterben. Seine Kraͤfte waren zu Ende. Noch
bier Monate quaͤlte er sich mit der Wassersucht herum, bis die Nacht
bom 31. Januar auf den 1. Februar 1760 seinem Leben und Leiden
ein Ziel setzte. Wittorff brachte die Leiche nach Cassel, wo sie unter
großem Gepraͤnge am 17. April in der fuͤrstlichen Gruft zu St. Martin
beigesetzt wurde.
Die Erbprinzessin, nunmehrige Landgrafin Marie hatte bis ans
Ende bei dem Sterbenden ausgeharrt. Nun begann eine neue Auf⸗
gabe fuͤr sie, der sie sich mit der ganzen ihr eigenen Energie annahm.
Es galt das Erbe ihres Sohnes zu sichern, das ihr durch den Re—
gierungsantritt ihres Gemahls schwer gefaͤhrdet schien.
Mit dem groͤßten Mißtrauen sah man allgemein in protestantischen
Kreisen dem neuen Landgrafen Friedrich II. entgegen, der erst nach
der Beisetzung seines Vaters seinen Einzug in Cassel hielt. Man er—⸗
wartete alsbald seinen Abfall von der Sache der Verbuͤndeten und
Losch, Kurfuͤrst Wilbelm J.