Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

12 Besuch aus Hessen Schoͤll Frankenberg 
In Wirklichkeit war Marie sehr gluͤcklich uͤber das herzliche Verhaͤltnis 
der alten Koͤnigin zu ihren Soͤhnen, das sie wohl nicht mit Unrecht der 
treuen Erinnerung Sophie Magdalenens an die verstorbene Schwie— 
gertochter zuschrieb. Andererseits war es ihr aber doch ein Trost, als 
Wilhelm ihr erwiderte, daß er uͤber den Freuden von Hirschholm die 
schoͤnen Tage von Freienhagen niemals vergessen koͤnne. 
Die Verbindung des daͤnischen und hessischen Hauses brachte es mit 
sich, daß auch zuweilen Besuch aus Cassel sich in Kopenhagen einstellte, 
wie denn im weiteren Verlauf der Zeit der Aufenthalt der Prinzen 
manchen Hessen nach Daͤnemark zog, der hier eine zweite Heimat fand. 
Die ersten muͤndlichen Gruͤße aus Cassel uͤberbrachte der Kapitaͤn v. Schoͤll, 
der ehemalige Adjutant des Erbprinzen, der im Juli 1758 mit Depeschen 
des Landgrafen an den Koͤnig kam und viel mit den Prinzen verkehrte. 
Der Verrat seines hohen Herrn (vgl. oben S. 28) hatte ihm zwar ein 
Kapitaͤnspatent eingetragen, aber doch auch zugleich ihn in seinem Regiment 
unmoͤglich gemacht), sodaß er froh war, auf Empfehlung Wilhelms VIII. 
bei der daͤnischen Garde eintreten zu koͤnnen. Obwohl Prinz Wilhelm 
einen natuͤrlichen Widerwillen gegen Schoͤlls veraͤchtliche Handlungsweise 
nicht unterdruͤcken konnte, so wurde sein Urteil doch dadurch gemildert, 
daß er schon seit geraumer Zeit gewohnt war, in seinem katholischen 
Vater einen Gegner zu sehn, gegen den man mit allen Mitteln auf der 
Hut sein mußte, und da Schoͤll sich im persoͤnlichen Verkehr als ein bon 
Zarçon erwies, so ließ er sich seinen Umgang doch gern gefallen und 
nahm ihn sogar spaͤter in seine Dienste. Ein andrer im prinzlichen Hause 
viel gesehener Gast war der neuernannte hessische Gesandte v. Franken— 
berg, der im Sept. 1758 nach Kopenhagen kam. Als Neffe der Kammer— 
praͤsidentin v. Frankenberg, die wie ihre Schwester, die Graͤfin Bernhold, 
bei Wilhelm VIII. in hoher Gunst stand (vgl. S. 22), hatte dieser noch 
junge Diplomat (* 1728) am Casseler Hofe eine sehr schnelle Karriere 
gemacht und war auch durch die Gnade der ihm gewogenen Erbprinzessin 
so verwoͤhnt, daß sein ungeniertes Auftreten und die Art, wie er selbst 
in Erziehungsfragen uͤber die Prinzen mitzureden suchte, den Prinzen 
Wilhelm in seinem Selbstgefuͤhl empfindlich verletzte. Sonst kuͤmmerte 
1) Er wurde in „den gnaͤdigsten Terminis“ mit einem Gratial von 100 Pistolen 
entlassen, trat 1757 in daͤnische Dienste, machte 1758 als Volontaͤr den Feldzug unter 
Ferdinand von Braunschweig mit, mußte aber auch hier als der Konspiration mit dem 
Feinde verdaͤchtig, seine Stellung aufgeben. 1759 Major in der daͤnischen Garde kam 
er spaͤter nach Hanau und starb nach Hartwig (Uebertritt des Erbprinzen Friedrich 149) 
als „Generaladjutant mit dem Rang eines Sberstleutnants“ daselbst 1771. Wilhelm 
erwaͤhnt ihn spaͤter in seinen Memoiren nicht mehr.
	        
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