Gesellschaften und Vergnuͤgungen Die Koͤnigin⸗Mutter 41
beamten fehlte es nicht an Einladungen. Graf Moltke,!) des
Koͤnigs einflußreichster Ratgeber und Guͤnstling, der den Prinzen gegen⸗
uͤber wohnte, ließ nach einem somptueusen Diner zu Ehren seiner
Gaͤste sogar die Bildhauer- und Malerakademie festlich illuminieren.
Diese Einladungen mußten natuͤrlich erwidert werden, und so gab es
auch in dem Palais der Prinzen oͤfters Gesellschaften und groͤßere und
kleinere Festlichkeiten, bei denen nicht gespart werden durfte. Die Koͤnigin⸗
witwe lud sich ebenfalls mit ihrer Schwester, der Fuͤrstin von Ostfriesland,
mehrmals bei ihren jungen hessischen Freunden zu Gaste und speiste oft
bei ihnen im kleinen Kreise.
War der Winter besonders anstrengend durch die Baͤlle und zahlreiche
andere gesellschaftlichen Vergnuͤgungen, so brachte der Sommer nicht
viel weniger zeitraubende Ablenkungen. Der Koͤnig weilte in den Sommer⸗
monaten meist auf seinem praͤchtigen Schlosse Fredensborg am Esromsee,
wohin die Prinzen, wenn sie nicht uͤberhaupt laͤngere Zeit dort wohnten,
sich jeden Freitag zur Cour begaben. Das war immer zehn Meilen
hin und zuruͤck von Kopenhagen und ziemlich anstrengend. An den Herbst⸗
jagden bei Jaͤgersborg nahmen sie noch nicht regelmaͤßig teil, da sie zum
Mitreiten noch zu klein waren. Seine erste Parforcejagd machte Wil⸗
helm in einer Kalesche mit, erhielt aber doch am Schluß den Fuß des
Hirsches als uͤblichen Jagdpreis. Die Sommerferien verlebten die Prinzen
am liebsten bei der alten Koͤniginmutter, die auf ihrem Landsitz Sophien⸗
berg am Sund und auf dem reizend in einem kleinen See gelegenen
Schloß Hirschholm, losgeloͤst von aller hoͤfischen Etikette, sich als die
liebenswuͤrdigste Gastgeberin und muͤtterliche Freundin zeigte. Aus ihren
Haͤnden empfing Wilhelm am 31. Maͤrz 1758 auch seinen ersten Orden,
das Kreuz de l'Union parfaite, das zu Ehren ihrer gluͤcklichen Ver—
bindung mit weiland Koͤnig Christian VI. gestiftet war. Entzuͤckt uͤber
die Guͤte der Koͤnigin und dankbar fuͤr die reichen Geschenke, mit denen
sie ihn und seine Bruͤder uͤberhaͤufte, schrieb er so enthusiastisch daruͤber
an seine Mutter, daß diese ihm scherzend erwiderte: „Mein lieber Bylly,
ich komme allmaͤhlich auf den Gedanken, daß zwischen dir und der Koͤnigin⸗
mutter etwas mehr besteht als Freundschaft. Du sagst mir nicht alles.
Ich fuͤr meinen Teil habe den Verdacht, daß ein bißchen Liebe dabei
ist und ich eines schoͤnen Tages hoͤren werde, daß Du sie geheiratet hast.“
1) Adam Gottlob (seit 1750 Graf) Moltke (1709 -92). Oberhofmarschall und
Minister bis zum Regierungsantritt Christians VII., der den langbeinigen Guͤnstling
„Storch von unten, Fuchs von oben“ nicht leiden konnte. Von seinen 22 Soͤhnen
gelangten fast alle zu hohen Stellungen. Sein Neffe Carl August v. Moltke (1737
bis 1813) war spaͤter Oberhofmeister der Landgraͤfin und Kurfuͤrstin Caroline.