Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Ausfluͤge und Besichtigungen Drechselkuͤnste 
und dabei die Gruͤfte der daͤnischen Koͤnige zu Rothschild und die 
merkwuͤrdige historisch⸗genealogisch⸗peripatetische Akademie im Parke des 
Grafen Holstein zu Ledreborg besucht. Eingehend besichtigte man die 
reichen Kunstschaͤtze der Hauptstadt, besuchte die Universitaͤt und nahm 
auch an einer oͤffentlichen Pruͤsung des Gymnasiums teil. Der große 
Brand einer Uniformfabrik gab Gelegenheit, die ausgezeichneten Feuer⸗ 
loͤscheinrichtungen Kopenhagens zu bewundern, und natuͤrlich durften die 
Prinzen auch bei den zahlreichen militaͤrischen Revuen und Paraden nicht 
fehlen. Die Naͤhe des Hafens und der großen Schiffswerften, die dem 
Palais der Prinzen gerade gegenuͤber lagen, verschaffte ihnen das immer 
wieder gern gesehene Schauspiel von Stapellaͤufen neu erbauter Schiffe, 
und als 1758 die daͤnische Flotte mobil gemacht wurde, folgte man 
gern einer Einladung des Admirals Fontenay, der sich ein Vergnuͤgen 
daraus machte, seinen jungen Gaͤsten die Einzelheiten seines Admirals⸗ 
schiffes zu zeigen und namentlich Carls Interesse fuͤr die Marine zu 
wecken. Dem fuͤr Stockholm bestimmten englischen Gesandten Chevalier 
Goodrick verdankte man eine koͤstliche Seefahrt auf der englischen 
Fregatte Dover durch den Sund, die bei Hamlets Grab in Helsingoͤr 
und mit einem Besuch auf der die Meerenge beherrschenden Festung 
Kronborg endigte. 
Als im Winter 1758 bei einer Besichtigung der zahllosen Raritaͤten 
der von Christian V. angelegten koͤniglichen Kunstkammer den Prinzen 
die zierlichen Holzarbeiten dieses Museums auffielen und ihre Lust weckten, 
sich in aͤhnlichen Kuͤnsten zu versuchen, da ließ Keyserlingk fuͤr den 
Prinzen Wilhelm eine Drehbank anschaffen, und Meister Spengler,') 
ein uͤberaus geschickter Drechsler aus der Schweiz, den das Geschick 
nach Kopenhagen verschlagen hatte, erhielt den Auftrag, die Fuͤrsten⸗ 
soͤhne in die Lehre zu nehmen. Mit großem Stolz konnten sie bald 
die ersten Erzeugnisse ihrer Kunst, zwei Schalen und eine Vase aus 
Elfenbein dem Koͤnige zu seinem Geburtstage uͤberreichen. Auch die 
Mutter erhielt von ihrem Aeltesten eine kunstvoll gedrehte Schnupftabaks⸗ 
dose. Namentlich Wilhelm machte ziemliche Fortschritte in der Drechselei 
1) Lorenz Spengler (1720-1807), Sohn eines Maurers zu Schaffhausen, war 
in Kopenhagen eine sehr angesehene Persoͤnlichkeit. Eine Zeitlang war es in Hof⸗ 
kreisen direkt Mode, bei ihm Unterricht zu nehmen. Im Rosenborger Schlosse befinden 
sich noch Arbeiten von den meisten seiner fuͤrstlichen Schuͤler, unter denen außer den 
hessischen Prinzen auch Koͤnig Christian VI., seine Gemaͤhlin und Friedrichs V. beide 
Gemahlinnen waren. Spengler war nicht nur Drechsler, sondern auch Mechaniker, 
Zoologe, namentlich Konchyliologe und hatte uͤberdies noch als Heilelektriker zeitweise 
einen gewaltigen Zulauf. Seit 1771 war er Verwalter der koͤnigl. Kunstkammer.
	        
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