Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

32 Ledderhose Koͤller Wittorffs Abgang 1757 
Christian Bernhard Ledderhose,)) in dessen Person zum ersten 
Male ein Deutscher mit dem Unterrichte der Prinzen betraut wurde, 
stammte aus einer Hersfelder Theologenfamilie, hatte selber Theologie 
studiert und war dann Informator der Soͤhne des Obervorstehers 
v. d. Malsburg, dann Hofmeister und Hofprediger bei dem Grafen von 
Wittgenstein gewesen. Er war damals 32 Jahre alt und ein sehr kennt— 
nisreicher und tuͤchtiger Lehrer, zu dem die Prinzen bald Zutrauen 
faßten. Auch die Erbprinzessin hielt viel von ihm, jedenfalls mehr, 
als von dem neuen Gouverneur, Major v. Koͤller, der ihr schon als 
Verdraͤnger ihres Freundes Sévery nicht ganz sympathisch war, sodaß 
sie sogar ihren aͤltesten Sohn davor warnte, ihn ihre Briefe sehen zu 
lassen, da der Major englisch verstehe. Auch Alexander Franz von Koͤller 
(* 17. Nov. 1720 zu Rinteln) war ein geborener Hesse, entstammte aber 
einem alten pommerschen Adelsgeschlecht, von dem ein Zweig erst mit 
seinem Vater nach Hessen gekommen war. Mit Leib und Seele 
Soldat wie dieser, hatte er den oͤsterreichischen Erbfolgekrieg zuletzt als 
Kapitaͤn im Regiment v. Mansbach mitgemacht und seine englischen 
Sprachkenntnisse bei der Expedition nach England erworben. Die Ab⸗ 
neigung der Mutter konnte nicht verhindern, daß Prinz Wilhelm sich 
eng an seinen neuen militaͤrischen Mentor anschloß, dessen Feldzugser⸗ 
zaͤhlungen und hochfliegende Plaͤne ihn begeisterten. Als Koͤller spaͤter 
bon einem schweren Lungenleiden ergriffen wurde, wich er nicht von 
seinem Lager und betrauerte tief den allzufruͤhen Verlust auch dieses Freun⸗ 
des, der am 13. Juni 1760 zu Kopenhagen an der Schwindsucht starb.) 
Auch in der Person des Obergouverneurs erfolgte schon wenige 
Monate nach der Ankunft der Prinzen in Kopenhagen ein bedeutsamer 
Wechsel. Wittorff hatte aus seinem Wunsche, in den ihm ans Herz 
gewachsenen, weniger verantwortungsreichen Casseler Hofdienst zuruͤck⸗ 
zukehren, so wenig Hehl gemacht, daß Wilhelm VIII. sich beizeiten 
nach einem Nachfolger fur ihn umsah. Seine Wahl fiel auf den kur⸗ 
laͤndischen Baron Generalmasor Ernst Joh. v. Keyserlingk, einen 
1) Geb. 1725 als Sohn des Pfarrers Joh. Heinr. Ledderhose zu Hersfeld. Spaͤter 
Regierungsrat und Direktor des reformierten Konsistoriums zu Hanau, heiratete dort 
Fath. Elifabeth Wolfart, das „huͤbscheste Maͤdchen des Landes“ (nach Ansicht der Land⸗ 
graͤfin Marie) und starb am 2. Sept. 1780. Seine Tochter Luise heiratete 1788 den 
spaͤteren Pariser Gesandten Karl v. d. Malsburg (1742 - 1821). 
2) Eine laͤngere und glaͤnzendere Laufbahn als dem Prinzengouverneur war 
seinem juͤngeren Bruder Georg Wilhelm beschieden, der auf seine Veranlassung aus 
dem hessischen Militaͤrdienst ebenfalls nach Kopenhagen kam und nachher bei dem Staats⸗ 
streich unter Christian VII. und bei der Verhaftung Struensees eine nicht unbedeutende 
Rolle spielte. Er starb als General d. Inf. v. KollerBanner 1811 zu Altona.
	        
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