26 Ausbruch des Siebenjaͤhrigen Kriegs Seévery entlassen
Frankreich, den wir nach seiner Dauer in Europa den Siebenjaͤhrigen
Krieg zu nennen gewohnt sind, hatte bereits im Sommer 1754 tatsaͤchlich in
Amerika angefangen. Der große Realpolitiker auf dem preußischen Thron,
sonst gewohnt mit seinen alten franzoͤsischen Freunden und Alliierten
zu gehen, vollzog unter dem Druck der gegen ihn gerichteten Koalition
auf einmal eine Schwenkung seiner Politik, indem er sich in Englands
Arme warf und, gestuͤtzt auf diese Allianz, im August 1756 in Sachsen
einbrach, um in den Dresdener Archiven die Rechtfertigung fuͤr seinen
Reichsfriedensbruch zu suchen. Der Siebenjaͤhrige Krieg hatte damit be—
gonnen. Wenn Wilhelm VIII. auch die Absicht hatte, seinem Lande,
wenn moͤglich, die Neutralitaͤt zu wahren, so war doch bei seinen regen
Beziehungen zu Preußen und namentlich infolge des vorjaͤhrigen Ver—
txags mit England, auf dessen Boden seine besten Truppen standen,
borauszusehen, daß Hessen stark in Mitleidenschaft geraten wuͤrde. Vor
allem aber mußte man damit rechnen, daß Frankreich den Koͤnig
Beorg an seiner verwundbarsten Stelle, in Hannover, angreifen wuͤrde.
Ein franzoͤsisches Korps konnte sehr bald, wie es denn spaͤter auch ge—
schah, in Westdeutschland sein; und deshalb erschien dem Landgrafen die
Sicherheit seiner Enkel in Goͤttingen stark gefaͤhrdet. Wilhelms Ver—
lobung mit der daͤnischen Koͤnigstochter ließ es natuͤrlich erscheinen, statt
in den Niederlanden am Hofe des zukuͤnftigen Schwiegervaters ein
neues Asyl zu suchen, das weit genug vom Kriegsschauplatz entfernt
war, und somit entschied man sich schnell fuͤr die Uebersiedelung nach
Daͤnemark.
Die von diesem Entschlusse ihres Schwiegervaters voͤllig uͤberraschte
Erbprinzessin war ungluͤcklich bei dem Gedanken, ihre Kinder so weit
weg geben zu muͤssen. Goͤttingen war von Cassel immer noch leicht
erreichbar gewesen, und sie hatte trotz der Trennung in den letzten zwei
Jahren die Soͤhne oft gesehen und gluͤckliche Stunden mit ihnen ver—
bracht. Kopenhagen aber lag fuͤr sie schon halb am Nordpol; die
Moͤglichkeit, die Kinder dort zu besuchen, erschien so gut wie ausge—
schlossen. Was ihr aber den Trennungsschmerz noch besonders ver—⸗
mehrte, war die Nachricht, daß ihr Freund Sévery, der ihr bisher
so getreulich uͤber das Gedeihen und die Entwickelung der Kinder Be—
richt erstattet hatte (waͤhrend die offiziellen Bexichte Wittorffs an den
Landgrafen gingen) nicht mit nach Kopenhagen gehen sollte. Wittorff
hatte dem Landgrafen in Wilhelmsthal das Unzutraͤgliche des beider⸗
seitigen Verhaͤltnisses geschildert und dem Fuͤrsten nahegelegt, daß einer
hon den beiden Gouverneuren aus seinem Amte scheiden muͤsse. Er