Prophezeiungen seines Todes 365
31. August 1819 zu Cassel starb. Sein Sohn und Nachfolger)) spielte
zleichfalls den Ungluͤcksraben und berichtete jeden auf das Befinden des
Kurfuͤrsten bezuͤglichen Klatsch und Unsinn mit der ihm in diesem Punkte
eigenen Gewissenhaftigkeit. Als er sein Amt antrat, ging es dem alten
Herrn allerdings besonders schlecht. Der Tod der Kurfuͤrstin hatte ihn
doch staͤrker mitgenommen, als man erwartet hatte, und er aͤußerte mehr⸗
mals den Wunsch, ihr bald in die Ewigkeit nachzufolgen. An der
Backengeschwulst hatte sich eine offene Wunde gebildet, die ihn sehr be⸗
laͤstigte, er litt an Steinschmerzen, schlechter Verdauung und Schwindel,
schlief schlecht und hatte Anfang April 1820 eine Art Schlaganfall.
Die Üürzte schuüͤttelten bedenklich den Kopf, konnten aber doch nicht ver⸗
hindern, daß er taͤglich ausfuhr, um den Neubau der Kattenburg in
Augenschein zu nehmen, und mit starker Energie seine Schwaͤche zu meistern
suchte. Das gelang ihm auch. Als er seinen 78. Geburtstag feierte, war
er wieder vollstaͤndig gesund und uͤberstand auch die Fatiguen der feier⸗
lichen Grundsteinlegung der Kattenburg ohne sonderliche Beschwerden.
Er trug sich schon wieder mit neuen Bauplaͤnen. Jussow sollte das
als Lazarett ruinierte Schloß Philippsruhe und die Schmalkalder Wilhelms⸗
burg wiederherstellen; in der Aue wurde aufgeraͤumt, eine neue Schloßbruͤcke
erbaut, die Orangerie renoviert und die Bellevue mit Kastanien bepflanzt.
Im August 1820 kam Wilhelms aͤltester natuͤrlicher Sohn Carl von
Heimrod?), Generalmajor in weimarischen Diensten, nach Cassel, um
seinen Vater vor seinem Tode noch einmal zu sehn, wie man erzaͤhlte.
Es hieß, er habe ihm das Horoskop gestellt, „welches sich auf die Zahl
37 gruͤndet“, wonach der Kurfuͤrst zwischen dem 13. und 31. Oktober
des Jahres sterben oder — noch sieben Jahre leben werde. „Da viele
Große hier daran glauben, halte ich es fur meine Pflicht, Ew. Maj.
davon in Kenntnis zu setzen“, meldete der junge Haͤnlein pflichtschuldigst
nach Berlin und fuͤgte noch einen langen Senf uͤber die mystische Zahl 7
bei, die im Leben des Fuͤrsten eine so merkwuͤrdige Rolle spiele.“) Um
1) Ludwig v. Haͤnlein, 1819 -32 in Cassel. 7 1853 zu Berlin. Sein Vor⸗
gesetzter, der preußische Minister Graf Bernstorff, nannte ihn einmal „den duͤmmsten
Menschen unter der Sonne“.
2) Mitte Mai 1827 erhielt der Oberkammerherr v. Bardeleben von diesem General
o. Heimrod einen Brief aus Paris mit der Nachricht, daß er, wenn dieser Brief an—
kaͤme, sich in den Fluten der Seine ertraͤnkt habe, eine Nachricht, die bald darauf be⸗
taͤtigt wurde. Der Grund zu dem Selbstmord waren verfehlte Spekulationen und
Spielverluste.
3) Der Kurfuͤrst pflegte selbst viel von der merkwuͤrdigen Rolle der Zahl 7 in
seinem Leben zu halten. Er war 8 mal 7 Jahre alt, als er heiratete, 6 mal 7, als
er Landgraf wurde, seine Ehe dauerte 8 mal Jahre, sein ganzes Leben 11 mal 7
Jahre. In Hanau regierte er 3 mal 7 Jahre, in ganz Hessen 5 mal 7 Jahre, ein⸗
cchließlich der 7 jaͤbrigen Verbannungszeit.