Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Bauten Die Kaͤttenburg 
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Nachbargebaͤude des von dem Kurfuͤrsten bewohnten sog. Bellevue⸗ 
pavillons bis zur Georgenstraße umgebaut und zum „Schloß Bellevue“ 
hinzugezogen. Auf Wilhelmshoͤhe suchte Wilhelm die Spuren der Fremd⸗ 
herrschaft wie auch sonst moͤglichst zu verwischen. Doch fand der von 
Jerome angelegte bedeckte steinerne Gang vom Mittelbau zum Nord⸗ 
fluͤgel Gnade vor seinen Augen, so daß er um der Symmetrie willen 
1818 auch den Seitenfluͤgel, den „Weißenstein“, in derselben Weise mit 
dem Corps de logis verbinden ließ. In den Bogengaͤngen dieser Ver⸗ 
bindung fanden die (als Ersatz fuͤr den mit dem alten Schloß verbrannten 
Bilderstammbaum) von den Hofmalern Weygandt, v. d. Embde, Range 
und Hummel gemalten Ahnenbilder der hessischen Landgrafen ihren Platz, 
die erst Wilhelms Sohn spaͤter in den Kuppelsaal von Wilhelmshoͤhe 
hringen ließ. Ehrenpflicht fuͤr den Kurfuͤrsten war auch die Wieder⸗ 
aufstellung der von den Franzosen verschleppten Marmorstatue seines 
Vaters Friedrichs II. auf dem Friedrichsplatz, wobei der fuͤr den zer⸗ 
truͤmmerten Marmorsockel gewaͤhlte, etwas erhoͤhte Sandsteinsockel eine 
neue lateinische Inschrift erhielt. Auf der Ostseite des Platzes zwischen 
dem Museum und der katholischen Kirche plante der Kurfuͤrst den Bau 
eines großen fuͤrstlichen Logierhauses, das aber nicht zur Ausfuͤhrung kam. 
Ebensowenig sollte Wilhelm die Fertigstellung des Baues erleben, 
der die Krone aller seiner Schoͤpfungen bilden sollte, des neuen Residenz⸗ 
schlosses. Man erzaͤhlt, daß der Wiederkehrende 1813 beim Anblick der 
Brandruine des Schlosses die Faust geballt habe. Aber die Vernichtung 
des Renaissancebaues gab ihm doch Gelegenheit zu neuen Plaͤnen. Nach⸗ 
dem in den Truͤmmern noch die Staͤnde getagt hatten, wurde bald darauf 
mit der Niederlegung der Mauerreste begonnen. Im Fruͤhjahr 1817 war 
der Abbruch vollendet. Der alte Jussow mußte den Plan fuͤr einen 
kolossalen Neubau entwerfen, der als laͤngliches Viereck von 552 Fuß 
Laͤnge und 402 Fuß Breite, nach Westen offen, mit zwei Fluͤgelgebaͤuden 
und einem großen Ehrenhof vor der Hauptfassade gedacht war. Praͤchtige 
Saͤulenreihen sollten das Hauptgebaͤude zieren, und eine Viktoria als 
Lenkerin einer Quadriga wie auf dem Brandenburger Tor zu Berlin 
die Kroͤnung des Ganzen bilden. Die sehr tiefen Ausschachtungen, teil⸗ 
weise bis zu 90 Fuß und 6 Fuß unter dem Fuldabette, schufen enorme 
Schwierigkeiten, und obwohl taͤglich viele hundert, zuletzt 1800 Arbeiter 
an dem Fundament beschaͤftigt waren und sogar die Pferde der Artillerie 
zu den Fuhren hinzugezogen wurden, kam man doch nur sehr langsam 
vorwaͤrts. Nach drei Jahren waren nur die Fundamente und die 
unteren Kellergewoͤlbe fertig.
	        
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