Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

354 Hofhaushalt Casseler Theater 
wie der Kurfuͤrst im ganzen Jahr fuͤr seine Hofhaltung verbrauchte.!) 
Einen bescheidenen Rest von hoͤsischem Luxus bildete das Theater, zu 
dessen Kosten der Kurfuͤrst jaͤhrlich 12 000, sein Sohn 3000 Taler bei⸗ 
steuerte. Seine Exrhaltung verdankte man nicht zum wenigsten der Fuͤr⸗ 
sprache der Kurfuͤrstin: Das Theater sei ihre einzige Erholung, und sein 
Besuch gebe ihr die Moͤglichkeit, sich den ihr so laͤstigen grands cercles 
bei Anwesenheit fremder Gaͤste zu entziehn. »La troupe que nous 
avons maintenant est si bonne, qu'il serait difficile, d'en trouver 
une meilleurex«. Wenn das Theater bei dem sparsamen Etat auch nicht 
den aͤußeren Glanz der westfaͤlischen Buͤhnenperiode erreichen konnte, so 
verschafften ihm doch die musikalische Leitung des genialen Kapellmeisters 
Guhr und die Buͤhnenroutine Feiges, sowie einzelne ausgezeichnete Dar⸗ 
steller und Saͤnger einen angesehenen Platz unter den deutschen Buͤhnen. 
Sein Programm haͤtte sich unter den veraͤnderten Zeitverhaͤltnissen stark 
gewandelt, und deutschtuͤmliche Stuͤcke, besonders Ritterdramen, uͤbten 
eine große Zugkraft aus. Der Kurfuͤrst war nicht mehr so oft in seiner 
Loge wie in fruͤheren Jahren, und es war ein Exreignis fuͤr Kassel, als 
er bei der Auffuͤhrung von Schillers Tell bei den Worten des Ruͤtli— 
schwures „Wir wollen frei sein, wie die Vaͤter waren, eher den Tod 
als in der Knechtschaft leben“, hingexissen von der allgemeinen Be⸗ 
geisterung an die Bruͤstung trat, tapfer in Haͤnde klatschte und Vivat 
Vivat rief, was das Publikum mit einem stuͤrmischen „Vivat unser 
Kurfuͤrst!“ beantwortete. 
Seine Popularitaͤt war sonst in Cassel stark im Abnehmen begriffen, 
waͤhrend die seines Sohnes um seiner splendiden Manieren willen im 
selben Maße wuchs. Der Kurprinz hatte sein Palais, das ehemalige 
Staͤndehaus an der Ecke des Friedrichsplatzes, im Innern voͤllig um⸗ 
gebaut und fuͤr seine Ausschmuͤckung große Summen verwandt, plante 
verschiedene Neubauten und gab uͤberhaupt den Kuͤnstlern und Gewerbe⸗ 
treibenden Gelegenheit zu lohnendem Verdienst. Dieser Lurus war dem 
sparsamen Vater gar nicht recht; und doch war er selber darin der alte 
geblieben, daß auch seine Sparsamkeit beim Bauen aufhoͤrte, selbst 
in dieser Zeit, und das brachte bei dem allgemeinen Darnieder⸗ 
liegen der Gewerbetaͤtigkeit doch wenigstens etwas Geld unter die 
Leute. Bald nach seiner Ruͤckkehr wurde der ganze Komplex der 
1) Die Kosten 
Taler, wovon auch 
vgl. unten 356 f.) 
Haͤnleins Berichte. 
zuͤr den Hofhaushalt des Jahres 1818 betrugen insgesamt 68100 
die beiden großen Hochzeiten im Hause des Landgrafen Friedrich 
und die Reise des Kurfuͤrsten nach Wilhelmsbad bezahlt wurden.
	        
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