Feldzug und Ruͤckkehr Demobilisierung 1814 331
wichtige Aufgabe geloͤst, durch Blockierung der Maasfestungen den Ruͤcken
der großen Armee zu decken. Am 19. meldete ein kurprinzlicher Kurier
die Einnahme von Luxemburg, Metz, Diedenhofen und Longwy, und
am 1. Juni kamen als erste Siegesboten die beiden Grafen Hessen⸗
stein auf Wilhelmshoͤhe an, wo der Kurfuͤrst „mit seiner Prager Ge⸗
sellschaft“ zum ersten Male nach langen Jahren wieder seine Sommer⸗
residenz bezogen hatte. Drei Tage spaͤter zog der Kurprinz mit den
Freiheitskaͤmpfern wieder in die festlich geschmuͤckte Hauptstadt ein.
Der Kurfuͤrst war den heimkehrenden Kriegern bis Zwehren ent—⸗
gegengefahren, aber das Wiedersehn zwischen Vater und Sohn war nicht
ungetruͤbt. Nach dem Ende des Feldzugs betrachtete der Kurfuͤrst die
Truppen als unter seinem alleinigen Oberbefehl stehend und ließ sofort
die Feldregimenter bis auf schwache Staͤmme entlassen, um in der Ernte⸗
zeit dem menschenarmen Lande die Arbeitskraͤfte wieder zuzufuͤhren.
Da die Anordnung uͤber den Kopf des Kurprinzen durch direkten
Befehl an die Truppenchefs geschah, so bedeutete sie fuͤr den Prinzen,
der fuͤr kurze Zeit sich einer ungewohnten Selbstaͤndigkeit erfreut hatte,
eine schwere Kraͤnkung. Er betrachtete sich als abgesetzt, zog die Uniform
aus, und bat um Urlaub nach Berlin, wo er aus seinen Beschwerden
keinen Hehl machte. Ein Brief von ihm an den General v. Kleist
uͤber die Beurlaubung der Truppen, die nach dessen Anweisung in Ober⸗
hessen kantonnieren sollten, gab Veranlassung zu einem militaͤrischen Ein⸗
schreiten Preußens, da nach den politischen Abmachungen das kurhessische
Armeekorps bis zur Neugestaltung Deutschlands mobil bleiben sollte.
Der Kurfuͤrst hatte sich gerade wie in alter Zeit zur Kur nach Hof—⸗
geismar und Nenndorf begeben, als er einen Brief seines Bruders
Friedrich uͤber eine Unterredung mit dem Koͤnig von Preußen in
Frankfurt erhielt. Friedrich Wilhelm III. war sehr aͤrgerlich uͤber
des Kurfuͤrsten Eigenmaͤchtigkeit, die der Landgraf zu entschuldigen suchte:
„Mein Bruder hat 24000 Mann gegeben, welches in keiner proportion
mit die Andern, da Darmstadt, das leider 45 Quardratmeilen groͤßer
wie wir, nur 8000 Mann gegeben und doch noch unsere vier Amter
gegen Recht und Billigkeit in Besitz behaͤlt. Hessen ist so von Menschen
ausgesogen, daß die Beuhrlaubung zur Erndte vielleicht durchaus noͤthig
gewesen. Ich weiß es zwar nicht; denn mein Bruder schreibt noch
spricht mir nie von Geschaͤften.“ — „Das mag wohl wahr sein, aber es
haͤtte uns doch muͤssen gesagt werden, schreiben Sie es ihm.“ 19 Trotz
— 1) Der Koͤnig lobte uͤbrigens die bessischen Truppen und den Kurprinzen sehr und
meinte, sie seien von den preußischen gar nicht zu unterscheiden: „Sie werden doch