326 Frankfurter Akzessionsvertrag 1818
noch lange unter deinen Kindern!“ Auch hier wie an anderen Orten
fehlte nicht als komisches Intermezzo der althessische Invalide in ver⸗
schlissener Gardeuniform, der als Gruß der alten Zeit seinen Zopf dem
gnaͤdig ihm zuwinkenden Landesvater praͤsentierte.
Wilhelms Besuch im Hauptquartier der Monarchen hatte den ge—
wuͤnschten Erfolg. Nach der Aufnahme der meisten Rheinbundsfuͤrsten
in die Koalition waͤre es ja eine himmelschreiende Ungerechtigkeit ge⸗
wesen, das gleiche dem deutschen Fuͤrsten zu versagen, der als der ab⸗
gesagteste Feind Napoleons und der Franzosen galt. Aber die Restitu⸗
tion war nicht billig erkauft. Am 2. Dezember, dem 21. Jahrestag der
Erstuͤrmung Frankfurts, schloß Binder v. Krieglstein im Namen
des Kaisers Franz mit dem Obersten v. Muͤller und dem Legations⸗
rat v. Lepel den Akzessionsvertrag ab, der dem Kurfuͤrsten seine im ehe—
maligen Koͤnigreich Westfalen und im Großherzogtum Frankfurt gelegenen
Lande, sowie die Niedergrafschaft Katzenellnbogen und Nauheim zuruͤck⸗
gab. Dafuͤr mußte er sich verpflichten, unverzuͤglich ein Korps von
24000 Mann fuͤr den Feldzug gegen Frankreich aufzustellen und die
Festung Hanau auf seine Kosten wieder aufzubauen. In den geheimen
Artikeln, die Wilhelm v. Humboldt entwarf, wurde noch die Wieder⸗
gewinnung der von Darmstadt okkupierten hanauischen Ämter in Aus⸗
sicht gestellt. Der Kurfuͤrst mußte dafuͤr die Salzvorraͤte von Nauheim
dem Zentralverwaltungsrat uͤberlassen, die Wiederherstellung der hessischen
Staͤnde mit ihren alten Rechten und die Beibehaltung der Thurn und
Taxis'schen Post im Suͤden des Landes versprechen. Schweren Herzens
gab Wilhelm seine Zustimmung zu den namentlich in militaͤrischer Hinsicht
sehr harten Vertragsbestimmungen und kehrte am 6. Dezember nach
Cassel zuruͤck.
Der russische Kommandant v. Rattzen wurde nunmehr abberufen,
und am 12. Dezember erschien die Proklamation des Kurfuͤrsten, die den
Wiederantritt seiner Regierung verkuͤndigte: „Zerbrochen sind — mit
Gottes sichtbarer Hilfe — durch die siegreichen Waffen der gegen Frank⸗
reich verbuͤndeten Maͤchte die Fesseln, welche seit sieben Jahren auch euch,
meine geliebten Unterthanen, druͤckten. Der Besitz meiner gewaltsam
entrissenen Staaten ist mir wieder eingeraͤumt und durch feierliche Traktate
gesichert. Daß ihr gern unter meine Fuͤhrung zuruͤckkehrt, dafuͤr buͤrgt
mir die den biedern Hessen immer eigen gewesene treue Anhaͤnglichkeit
an ihr Regentenhaus; die jubelnde Freude, mit der ihr bei meinem
hiesigen Einzug und sonst allenthalben mich empfangen habt.“ Die
Proklamation erinnerte dann daran, daß der Befreiungskampf noch nicht