Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Wilhelm in Frankfurt und Hanau 1813 
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wie er (der nach dem Urteil seines Biographen Pertz „leicht ungerecht 
gegen Menschen war, die irgend eine breite und feierliche Form hatten“) 
den hessischen Kurfuͤrsten bezeichnete.!) 
Kurfuͤrst Wilhelm kannte die Gefahr, die ihm von dieser Seite 
drohte. Er beschloß daher, unverzuͤglich ins Hauptquartier der verbuͤndeten 
Monarchen zu reisen, um ihr zu begegnen. Dort in Frankfurt hatte 
ihm schon sein Bruder, der Landgraf Friedrich, etwas vorgearbeitet, 
indem er beim Koͤnig von Preußen und dem Minister von Hardenberg 
war und ihnen vorstellte, daß allein die Ruͤckkehr und Wiedereinsetzung 
Wilhelms die seit dem Zusammenbruch Westfalens arg gestoͤrte Ordnung 
in Hessen wiederherstellen koͤnne. Wilhelm nahm sich kaum Zeit, am 
24. November seine geliebte Wilhelmshoͤhe einmal aufzusuchen, wo vor 
der Loͤwenburg ein alter Unteroffizier der Schweizergarde ihm die alte, 
reglementsmaͤßige Meldung „Nichts neues passiert“ machte, und reiste 
am naͤchsten Morgen in Begleitung seines Sohnes nach Frankfurt ab. 
Auch diese Reise war ein Triumphzug, und es wiederholten sich die 
gleichen Szenen wie in Cassel. In Marburg und Nauheim wurden ihm 
die Pferde ausgespannt, und in den Doͤrfern stroͤmten die Bauern aus 
der Umgegend zusammen und begruͤßten den alten Landesherrn mit 
Jubelrufen und dem Gesang geistlicher Lob⸗ und Danklieder; denn die 
neue Mode der sog. Nationalhymnen war noch nicht in die hessischen 
Doͤrfer gedrungen.“) In Frankfurt, wo Wilhelm am 26. eintraf, exwartete 
ihn eine Deputation der Hanauer. Landgraf Fried rich hatte geschrieben, 
daß die Herausgabe von Hanau wohl besondere Schwierigkeiten machen 
werde, da der Zentralverwaltungsrat schon seine Hand auf das Groß— 
herzogtum Frankfurt des geflohenen Dalberg gelegt hatte. In der Tat 
protestierte auch der „impertinente“ Stein gegen Wilhelms Absicht, in 
die Residenz seiner Jugendzeit einzuziehen. Die Aufnahme, die der Kur⸗ 
fuͤrst bei dem Kaiser Franz und dem Koͤnige von Preußen fand, ermutigte 
ihn jedoch, sodaß er ohne Ruͤcksicht auf den Widerspruch des Reichs⸗ 
freiherrn am 29. November zusammen mit dem Kurprinzen unter Jubel 
und Frohlocken seinen Einzug in Hanau hielt. 24 Buͤrgersoͤhne zogen 
seinen Wagen bis zum Schlosse, an dessen Eingang ein Triumphbogen 
stand mit der Inschrift: „Willkommen, Vater des Vaterlandes! weile 
1) Die Spannung zwischen Stein und dem Kurfuͤrsten (der ihn zuweilen als son 
plus cruel ennemi bezeichnet) war alten Datums und hatte auch in der gemeinsam 
verbrachten Verbannungszeit in Prag, als Stein in Troja, der Kurfuͤrst in Bubentsch 
lebte, und beide sich oft im Baumgarten trafen, an Schaͤrfe nicht verloren. 
2) Bearbeitungen des God save the king kommen seit 1803 auch in Hessen 
bor, baben aber nie rechten Eingang dort gefunden.
	        
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