Freiheitskrieg 1813
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sprechen eines aggrandissements erreichen, auf das er in wieder⸗
erwachendem Optimismus gerechnet hatte. Am 22. reiste er nach Prag
zuruͤck, wo bald darauf der Landgraf Friedrich eintraf, der sich in
Frankfurt nicht mehr sicher fuͤhlte. Der Kurprinz blieb als Freiwilliger
bei der preußischen Armee und schloß sich dem Korps des Generals
Yorck an.
Nach Scharnhorsts Plan sollten leichte Truppenkorps dem Heere
der Verbuͤndeten vorauseilen, den kleinen Krieg im Ruͤcken der Fran⸗
zosen entfachen und bis Cassel vordringen, um das Koͤnigreich Westfalen
und den Rheinbund zu zerstoͤren. So schnell ging das freilich noch
nicht; aber Dörnberg, der hessische Insurgent von 1809, und der
Russe Tschernyscheff kamen doch bis Luͤneburg und schlugen hier
am 2. April die Franzosen, drei Tage vor dem siegreichen Gefecht Yorcks
hei Moͤckern, wo Kurprinz Wilhelm von Hessen die Feuertaufe
empfing. Die Nachricht von beiden Siegen kam zu gleicher Zeit nach
Berlin, und die Kurprinzessin, in diesen Tagen patriotischen Aufschwungs
sich ganz eins mit ihrem Manne fuͤhlend, sandte ihm ein herzliches
Gluͤckwunschschreiben.) Der Loͤwe war aber noch nicht tot, wie Napoleon
an Murat schrieb, und als er selber aus Frankreich herbeieilte und mit
einer neuen Armee sich den Verbuͤndeten entgegenwarf, da kam es zu
den Ruͤckschlaͤgen bei Großgoͤrschen und Bautzen und zu der großen
Atempause des Waffenstillstandes von Poischwitz. Ein paar Tage vorher
gelang es noch dem kuͤhnen Tschernyscheff, am 30. Mai bei Halberstadt
gegen 1000 Westfalen mit dem General v. Ochs, ihrem besten General
aus der Schule des hessischen Kurfuͤrsten, gefangen zu nehmen.
Der Waffenstillstand stimmte die Hoffnungen der Vaterlandsfreunde
erheblich herab und versetzte namentlich die Gemuͤter in aͤngstliche Spannung,
die wie Kurfuͤrst Wilhelm allein bei einer siegreichen Fortsetzung des
Krieges die Erfuͤllung ihrer Wuͤnsche erhoffen konnten. Niedergeschlagen
war auch die Kurfuͤrstin, in deren Briefen die steigende Hoffnung auf
Ruͤckkehr nach Cassel zwischen den Zeilen zu lesen gewesen war. Sie
schrieb sehr vorsichig — „man kann nicht alles der Feder anvertrauen“
— klagte aber uͤber den cher neven in Kopenhagen sden Koͤnig von
1) „Ich wuͤnsche Dir Gluͤck, lieber Mann, zur rechten Zeit bei der Armée an—
gelangt zu sein, dem ersten Sieg von dieser Seite beigewohnt zu haben, wodurch Berlin
aufs neue gerettet worden ist. Doͤrnbergs Sieg wird Dich gewiß auch sehr gefreut
haben. Ein solcher Anfang gibt einem Muth. Übermorgen werden wir ein Tedeum
deshalb anstimmen..Ich hoffe, es wird immer so gluͤcklich fuͤr Dich abgehn. Den
jungen Trot IEtn. Ludw. v. Trott, bei Luͤneburg toͤdlich verwundet— bedaure ich von
Herzen ... Gott segne und erbhalte Dich, lieber Mann, dies ist mein eifriaster Wunsch.“
(Berlin, 9. April 1813