316 Prinz Ernst von Barchfeld Russischer Krieg
monatiger Internierung zu Luxemburg russischer Offizier geworden, hatte
gegen die Tuͤrken gefochten und war dann in die Heimat zuruͤckgekehrt.
Als Mitverschworener Doͤrnbergs von der westfaͤlischen Gendarmerie
verfolgt, entkam er nach Thuͤringen und brachte von Gotha Briefe der
Kurfuͤrstin nach Prag, wo er sich dem Chef seines Hauses zur Ver—
fuͤgung stellte. „Er hatte nichts im Kopf als Verschwoͤrungen und
Aufstandsplaͤne fuͤr Hessen“, von denen jedoch der Kurfuͤrst zur Zeit
nichts wissen wollte. Darum wandte er sich nach Berlin, um den Kur⸗
prinzen fuͤr seine Ideen zu gewinnen. Der Kurprinz war auch gleich
Feuer und Flamme dafuͤr, zumal bei der beginnenden Spannung zwischen
Frankreich und Rußland eine starke Partei in Preußen den Bruch mit
Frankreich erstrebte und erhoffte. Im Herbst 1811 kam der Kurprinz
selber nach Prag, besprach dort seine Plaͤne mit Stein und versuchte
mit allen moͤglichen Mitteln, die Einwilligung und die finanzielle Unter⸗
stuͤtzung seines Vaters fuͤr die Aufstellung einer neuen hessischen Legion
zu erlangen. Aber auch sein Draͤngen war erfolglos, und die „Baͤnde
von Projekten“, die er dann noch von Berlin aus schrieb, erhielten nur
kurze, ablehnende Antworten. Der Kurfuͤrst hielt fest die Hand uͤber
seiner Kasse, wollte auch nicht, daß Wilhelm „sich eine Partei in Hessen
mache“, und schließlich glaubte er auch nicht an den Bruch zwischen
Preußen und Frankreich. Das Ende vom Lied war, daß der Kurprinz
wieder nach Berlin reiste unverrichteter Sache und mit leeren Haͤnden,
aber auch ohne das geforderte Versprechen zu geben, nichts à la guise
de Schill zu unternehmen, waͤhrend Prinz Ernst v. Barchfeld wenigstens
5000 Taler Gold und einen Brief des Kurfuͤrsten an den Kaiser Alexander
mitnehmen konnte, als er zusammen mit Stein den Weg nach Ruß—
land antrat, um an dem beginnenden Kampf gegen Napoleon teilzu—⸗
nehmen.
Diesen Kampf hatte man schon seit geraumer Zeit kommen sehen,
und es war nur die Frage, wie sich die deutschen Hauptmaͤchte dazu
stellen wuͤrden. Am 12. Maͤrz 1812 kam des Kurprinzen Adjutant
Dalwigk aus Berlin nach Prag mit der Nachricht von der preußisch—
franzoͤsischen Allianz und dem Einzug Oudinots in Berlin.) Der Kur—
fürst hatte also die Widerstandskraft Preußens richtig eingeschaͤtzt. Aber
auch Kaiser Franz sah sich gezwungen, als Verbuͤndeter seines fran—
zoͤsischen Schwiegersohns aufzutreten und mit dem Koͤnig von Preußen
1) Schon am naͤchsten Tage konnte die Prager Polizei uͤber den wesentlichen In⸗
balt von Dalwigks Bolschaft an den Oberstburggrafen rapportieren. (Dt. Rundsch. 53, 215.)