Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

314 Großherzogtum Frankfurt Graͤfin Hessenstein 
von ihnen waren auch stillschweigend ins andre Lager uͤbergegangen; 
denn die Sonne Napoleons strahlte heller als zuvor und blendete mit 
ihrem Glanze viele deutsche Herzen. Das Jahr 1810 brachte die Gruͤn⸗ 
dung des Großherzogtums Frankfurt und die Einverleibung 
von Hanau in diesen neuen Rheinbundsstaat. So lange das Schicksal 
des Mainlaͤndchens noch unentschieden gewesen war, hatte besonders die 
Kurfuͤrstin immer noch gehofft, nach Hanau zuruͤckkehren zu koͤnnen, ouͤ 
nous avons passé des temps bien heureux. Nun war auch diese 
Hoffnung zerstoͤrt, und am 1. Juni 1810 zog Dalberg als Großherzog 
Carl in das Hanauer Schloß ein, wo Wilhelm ihn zuerst als jungen 
Goͤttinger Studenten empfangen hatte. Landgraf Friedrich, der 
im Sommer 1810 zur Hochzeit seines Sohnes Wilhelm mit Charlotte 
von Daͤnemark nach Kopenhagen fuhr und auf der Reise in Gotha und 
Prag Station machte, erzaͤhlte von den Umwaͤlzungen am Main, bei 
denen er selbst noch glimpflich wegkam. Er hatte Rumpenheim gerettet, 
und Dalberg wollte ihm sogar seine Apanage zahlen, was der Kurfuͤrst 
nicht ungern hoͤrte. Die Hanauer Domaͤnen hatte Napoleon fuͤr sich 
selber behalten und zu Dotationen fuͤr seine Generale bestimmt, Schloß 
Philippsruhe gar befand sich im Besitze seiner Schwester Pauline, der 
uͤppigen Fuͤrstin Borghese.) Im Staͤdtschlosse zu Hanau aber tagten 
die Staͤnde des neuen Großherzogtums, und unter ihren Deputierten 
befand sich der Vertraute des Kurfuͤrsten, Herr Buderus v. Carlshausen! 
Aus Cassel hatte der Oberst v. Schlotheim?), der Bruder der 
Graͤfin, der — „ein wenig spaͤt“, wie der Kurfuͤrst meinte — den Weg 
nach Boͤhmen fand, allerhand Neuigkeiten erzaͤhlt. Er trat in oͤster⸗ 
reichische Dienste und wurde im Mai 1811 vom Kaiser in den Grafen⸗ 
stand erhoben, wobei seine Schwester zu gleicher Zeit als Graͤfin 
Hessenstein den Namen ihrer Kinder?) annehmen durfte. Ihre 
1) Pauline kam nicht selbst nach Philippsruhe, sondern ließ ihre Dotation durch 
einen Administrator Mr. Tavels aus Paris verwalten. 
2) Friedrich Wilhelm v. S. war Kommandeur der Gardes du Corps gewesen 
9. Febr. 18860 zu Wien als Feldm.Leutnant a. D.). Sein Vetter Gottl. Christian 
7 1815 zu Aspern als westfaͤlischer Gesandter a. D.) war fruͤher Adjutant des Kur— 
prinzen. Ein anderer, Ernst Khr. Wilh. (7 1845 zu Wietersheim), ehedem Oberstleut⸗ 
nant bei den Husaren, war unter Jerome westfaͤlischer Generalmajor und Kommandant 
von Cassel. 
3) Der Name Hessenstein war eigentlich erst seit dem Tode des Fuͤrsten Friedrich 
Wilhelm v. H. (f 27. 7. 1808) vakant. Dieser war ein Sohn Landgraf Friedrichs J. 
von Hessen, Koͤnigs von Schweden, und der Graͤfin Taube. Seine holsteinischen Be— 
itzungen fielen an den Landgrafen Carl und nach dem Tode dessen Sohnes an die 
Nachkommen des Landgrafen Friedrich, die die Herrschaft Hessenstein noch beute im 
Besitz haben.
	        
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