308 Marburger Aufstand Feldzug der Legion 1809
Spitze seiner Hessen stellen werde, Versprechungen, die gern geglaubt
wurden und die Hoffnung der Patrioten auf baldige Befreiung von der
Fremdherrschaft belebten. So wurde in der Stille alles vorbereitet, um,
sobald man die Nachricht vom Herannahen der „sterreicher haͤtte, die
Stadt Marburg zu uͤberrumpeln, und den Aufstand dann uͤber das
ganze Land zu verbreiten. Es war ein tollkuͤhnes Unternehmen, das
wohl auch kaum gegluͤckt waͤre, wenn es nicht ebenso wie der Doͤrn⸗
hergsche Aufstand verfruͤht zum Ausbruch gelangt waͤre. Sternberg wurde
in den entscheidenden Tagen krank. Als nun die Kunde von dem Siege
des Erzherzogs Carl bei Aspern eintraf, und sich zu gleicher Zeit das
gern geglaubte Geruͤcht von dem siegreichen Vorruͤcken des Braunschweigers
und dem Anmarsch des Kurfuͤrsten verbreitete, da konnte der alte heiß⸗
bluͤtige Haudegen Emmerich seinen patriotischen Eifer nicht mehr zuͤgeln
und gab das Zeichen zur Erhebung. In der Nacht vom 283. auf 24. Juni
stuͤrmten die aufstaͤndischen Bauern die Stadt Marburg und verjagten
die Besatzung. Doch ihre Zahl war zu gering, und der erwartete An⸗
schluß der Buͤrger blieb aus. Nach kurzem Straßengefecht gegen die
wieder anruͤckende Garnison mußten die Insurgenten, die bald ihr bißchen
Pulver verschossen hatten, die Flucht ergreifen, und von Mainz an—⸗
ruͤckende Franzosen erstickten den Rest der Bewegung. Ihre Fuͤhrer
Emmerich und Sternberg sowie zwei Bauern wurden in Cassel auf dem
Forste erschossen.
Die nach Marburg gelangte Nachricht von dem Heranruͤcken der
kurfürstlichen Legion war nicht unrichtig gewesen, nur ihre Naͤhe
stark uͤberschaͤtzt worden. Die vereinigten Hsterreicher, Hessen und Braun⸗
schweiger waren in Sachsen vorgedrungen. Bei Wilsdruff kam es am
10. Juni zu einem Gefecht, in dem die kurfuͤrstliche Legion die Feuer⸗
taufe empfing. Dresden und Leipzig wurden besetzt, dann aber mußten
die Verbuͤndeten sich vor einem saͤchsisch⸗westfaͤlischen Heer nach dem
Vogtlande zuruͤckziehen. Bei Hof hatten die Hessen am 11. Juli ein
Geplaͤnkel mit westfaͤlischen Vorposten. Jerome, der sich selber zur
Verteidigung seines Reichs aufgemacht hatte, wich nach Schleiz zuruͤck.
Der Plan, ihn dort aufzuheben, wurde vexraten, und der Westfalenkoͤnig ent⸗
kam nach Jena, „welches sehr zu beklagen,“ wie der Kurfuͤrst zu dem Be⸗
richt Muͤllers, des Fuͤhrers der Legion, bemerkte. Dieser war eben
im Begriff, auf die verspaͤtete Nachricht von dem angeblich gegluͤckten
Aufstand in Hessen den laͤngst geplanten Einfall in das Koͤnigreich West⸗
falen zu unternehmen, als der Waffenstillstand von Znaim alle Plaͤne
durchkreuzte und dem Vorruͤcken der Verbuͤndeten ein Ziel setzte.