Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Schills Zug Erzherzog Carl an den Kurfuͤrsten 305 
militaͤrische Hilfe gluͤcken selten. Daß man diese und namentlich ein 
kaiserlich oͤsterreichisches Korps abwarten sollte, war gleich anfangs Ew. 
Liebden Idee und auch die meinige.“ Die Aufnahme, die Doͤrnberg in 
Prag fand, war demgemaͤß nicht seinen Erwartungen entsprechend ). 
Er trat infolgedessen auch nicht in die kurfuͤrstliche Legion ein, wie er 
wohl anfangs beabsichtigt hatte, sondern ging zu dem Herzog von Braun⸗ 
schweig, dessen abenteuerlichen Zug durch Deutschland er spaͤter mitmachte. 
Schon vor dem Doͤrnbergschen Aufstand war der von Katte und 
Hirschfeld unternommene Versuch, die preußische Altmark zu insur⸗ 
gieren, mißglückt, und ebenso erfolglos blieb der kurz danach im Mai 
begonnene Zug des Majors Schill, der mit seinem Heldentod in den 
Straßen Stralsunds (31. Mai) endete. Schills Unternehmen war von 
dem kurprinzlichen Paar?) in Berlin besonders gefoͤrdert worden, sodaß 
der Major sogar daran gedacht haben soll, den siebenjaͤhrigen Prinzen 
Friedrich auf seinem Zug mitzunehmen, um durch das Erscheinen des 
jugendlichen Thronerben das hessische Volk zum Aufstand gegen die Fran⸗ 
zosen mit fortzureißen.) Ähnlich dachte der Erzherzog Carl, der 
auf Schills Zug ebenfalls große Hoffnungen gesetzt hatte. Mehrfach suchte 
er den Kurfuͤrsten zu bewegen, aͤhnlich wie es der Herzog von Braun⸗ 
schweig vorhabe, in eigner Person einen Vorstoß nach Hessen zu unter⸗ 
nehmen. Vom Schlachtfeld des Sieges bei Aspern schrieb er am 24. Mai 
einen langen Brief an den Kurfüursten, in dem es hieß: „Der Augen⸗ 
blick scheint guͤnstiger als je einer zu sein, um das brave hessische Volk 
durch die Naͤhe ihres rechtmaͤßigen Fuͤrsten zu beleben. Auch duͤrfte 
itzt mehr als je Zeit gewonnen werden, um die Mißvergnuͤgten im Lande 
und die gedienten Hessen zu sammeln, und, wenn auch mit einem sehr 
geringen Anfange, bald eine nicht unbedeutende Masse von Streitkraͤften 
zu formieren. Aber um diesen Zweck im Großen zu verbreiten, muͤßte 
ihr Fuͤrst erscheinen. Die Voͤlker koͤnnen nur dann ermunternde Hoff—- 
nungen fassen, wenn die Fuͤrsten zeigen, daß sie selbst von Hoffnung be— 
1) Davon, daß er dem Kurfuͤrsten ein ihm angeblich angebotenes wertloses oͤster⸗ 
reichisches Bankbillet von 1000 fl. vor die Fuͤße geworfen habe, wie der westfaͤlische 
Gesandte v. Linden aus Berlin nach Cassel berichtete, erwaͤhnt Doͤrnberg in seinen eigen⸗ 
haͤndigen Aufzeichnungen nichts. Diese vielfach nacherzaͤhlte Geschichte ist schon von 
Wachsmuth, Geschichte von Frankreich 3, 598, bezweifelt worden. 
2) Seit dem 18. Dezember 1808 befand sich auch der Kurprinz in Berlin, vor dessen 
Toren seine Familie im Schlosse zu Schoͤnhausen lebte. 
3) Das jetzt im Schlosse zu Oberurf befindliche Bild des kleinen Prinzen mit dem 
schweren Saͤbel des Freiheitshelden in beiden Haͤnden, das die Kurprinzessin von ihrem 
Lehrer Bury malen ließ, erinnert noch an die damaligen Beziehungen Schills zu der 
Fuͤrstin. Den (ebenfalls dort besindlichen) Saͤbel Schills hat die spaͤtere Kurfuͤrstin zeit— 
iebens als Reliquie verwäahrt. 
Zosch, Kurfürst Wilbelm J.
	        
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