Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

304 Mißlingen des Doͤrnbergischen Aufstandes 1809 
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den Bauern und alten Soldaten war der Aufstand von 1806 noch in 
frischer Erinnerung. Auf ihre Mitwirkung stuͤtzte sich besonders der 
Plan Doͤrnbergs und seiner Freunde, der schon seit Weihnachten 1808 
in weiten Kreisen der alten Hessen kein Geheimnis mehr war. Der 
Plan war, mit einem aus alten Soldaten und Bauern gebildeten Heer— 
haufen die Stadt Cassel zu uͤberrumpeln, den Koͤnig Jerome gefangen 
zu nehmen und eine provisorische Regierung bis zur Ankunft des Kur— 
fuͤrsten einzusetzen. Der damals in Cassel weilende Regierungs⸗Rat 
Schmerfeld und der fruͤhere Oberjaͤgermeister v. Witzleben sollten 
diese Regierung bilden. Doͤrnberg hoffte bestimmt, wenigsten einen Teil 
der Casseler Garnison, unter der sich viele Mitverschworene befanden, 
zu gewinnen, und rechnete außerdem auf den gleichzeitigen Ausbruch der 
von Katte und Schill vorbereiteten Insurrektion in der Altmark. Ob⸗ 
wohl tausende von hessischen Herzen um das mehrfach verschobene Unter⸗ 
nehmen wußten, gelang es, das Geheimnis vor den Spaͤheraugen und 
Ohren der westfaͤlischen geheimen Polizei zu verbergen. Alle Aussichten 
eines guͤnstigen Gelingens schienen gegeben zu sein, wenn nicht im letzten 
Augenblicke das allzufruͤhe Losschlagen der Bauern einzelner Doͤrfer am 
22. April 1809 in Cassel bekannt geworden waͤre, wodurch der ganze 
Plan uͤber den Haufen geworfen wurde. Als an diesem Tage in den 
Stromgebieten der Schwalm, Eder und Diemel die Sturmglocken laͤuteten, 
da standen Tausende bereit, um das Joch der Fremdherrschaft abzu—⸗ 
schuͤtteln. Aber die unter jubelnden Vivatrufen auf den Kurfuͤrsten 
und das Hessenland ausruͤckenden Kolonnen, die den alten Herrn schon 
in Cassel vermuteten und Jerome gefangen glaubten, stießen wider Er⸗ 
warten im Morgennebel des 23. vor der Knallhuͤtte bei Cassel auf west⸗ 
faͤlische Artillerie, deren Kartaͤtschenschuͤsse ihre schlecht bewaffneten Reihen 
lichteten und auseinander trieben. Dörnberg selbst gab das Zeichen 
zum Rüuͤckzug. Er vermochte sich mit den Fuͤhrern der Bewegung zu 
retten, waͤhrend das Casseler Kastell sich mit Verhafteten füͤllte und 
einige Raͤdelsfuͤhrer) auf dem Forste erschossen wurden. 
Am 2. Mai kam Doͤrnberg nach Prag, wo er den Kurfuͤrsten 
sehr bestuͤrzt uͤber den ungluͤcklichen Ausgang der Insurrektion fand. 
Wilhelm machte keinen Hehl aus seiner Unzufriedenheit uͤber ihren un⸗ 
zeitigen Ausbruch und schrieb an den Erzherzog Carl (3. Juni): „Ich 
kann nicht genug bedauern, daß die Insurrektion in Hessen gegen meine 
ausdruͤckliche Außerung zu fruͤhe ausgebrochen ist. Insurrektionen ohne 
1) Am 3. Maͤrz der Kuͤrassierwachtmeister Christoph Hohnemann und am 16. Mai 
der Leutnant Friedrich v. Hasserodt.
	        
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