Freiheitslampf der Spanier 1808
— 2800
der franzoͤsischen Revolution am eignen Leibe stark verspuͤrt hatte, ver⸗
stand sich der Kurfuͤrst besonders gut. Er fand in ihm einen „herrlichen,
theilnehmenden, wuͤrdigen Mann“, dessen Tod er spaͤter sehr bedauerte.
Nur fand er es unerhoͤrt, daß der Kirchenfuͤrst bei einer großen Gesell⸗
schaft im eignen Hause mit der Prinzessin Rohan am Arm ihm „vorging“,
und wollte sogar, „da die Menschen hier so aͤußerst grob sind“, eine
Zeit lang keine Einladungen zum Essen mehr annehmen. Die boͤhmischen
Magnaten schienen uͤberhaupt die kurfuͤrstliche Wuͤrde nicht gebuͤhrend
einzuschaͤtzen und ihn nur als ihresgleichen, als bloßen Privatmann
zu betrachten.
Tatsaͤchlich lebte Wilhelm ja in Prag zunaͤchst nur als Privatmann
genau so wie fruͤher in Holstein, bis die politischen Ereignisse des Jahres
1809 wenigstens voruͤbergehend eine Anderung seiner aͤußeren Stellung
—XW
Napoleon war nach der Niederwerfung Norddeutschlands seinem
Ziele, der Weltmonarchie, um ein gutes Stuͤck naͤher gekommen. Frank⸗
reichs Grenzen hatten sich weit ausgedehnt, und in den Nachbarlaͤndern
regierten als Statthalter Napoleons Glieder der Familie Bonaparte.
Im Mai 1808 wurden auch die Bourbonen in Spanien abgesetzt,
und Joseph Bonaparte vertauschte den Thron von Neapel, den Murat
erhielt, mit dem von Madrid. „Die Veraͤnderungen in Spanien sind
entsetzlich“, meinte der hessische Kurfüurst, als die neuen Umwaͤlzungen
bekannt wurden. „Alle Regierungen werden veraͤndert. Das Ende der
Welt scheint nicht mehr entfernt zu sein“. Doch gerade in Spanien stieß
der Weltimperator zum ersten Mal auf einen Volkswiderstand von einer
Staͤrke, wie er ihm bisher noch nicht begegnet war. Und der Freiheits⸗
krieg, den das spanische Volk gegen die Franzosen begann, ward zu
einer Flamme, die allmaͤhlich uͤber ganz Europa hin zuͤngelte und die
Begner Napoleons zum Hoffen und Handeln ermunterte.
Es dauerte lange, bis die Nachrichten von der Pyrenaͤenhalbinsel nach
Boͤhmen gelangten, aber es gab in Prag wohl Niemanden, der die wirk⸗
lichen oder vermeintlichen Fortschritte der spanischen Guerilleros mit mehr
Spannung verfolgte als der hessische Kurfuͤrst. Dieselben Spanier, die ihm
als napoleonische Soͤldner in Holstein eben noch „zum Ekeln abscheulich“
schienen, waren jetzt nach ihrem gluͤcklichen Entweichen aus Fuͤhnen fuͤr
ihn die „braven Spanier, denen Gott Sieg und Segen schenken moͤge“.
„Gute“, „treffliche“, „herrliche Nachrichten“ von ihren Erfolgen buchte
er in seinem Schreibalmanach, und jubelte, als Joseph Bonaparte „wegen
uͤbermaͤßiger Sommerhitze“ (wie der Moniteur meldete) Madrid wieder