Daͤnemarks Lage 1808 Christian VII. in Rendsburg 291
in Hessen dem alten Herrn fuͤr ewig ergeben sei, aber der wußte ziem⸗
lich genau, was von solchen Versicherungen zu halten war.
Zu Itzehoe gab es diesmal traurige Weihnachten, wie das kurfuͤrst⸗
liche Tagebuch verraͤt: „Abends Christkindsfeyer wie gewoͤhnlich fuͤr die
Jugend, laber] welch ein Unterschied der gewoͤhnlichen Christtage, wo
meinen Bund mit Gott erneuerte.) Ich betete und lobte Gott fuͤr
mich ... Mein Schlaf ist boͤs und unruhig. Die Nachrichten aus
Cassel rauben mir die Ruhe“. Immerzu mußte der Verbannte an die
„fuͤrchterliche Ungewißheit seines kuͤnftigen und an Hessens Schicksal“
denken: denn trotz aller boͤser Nachrichten konnte er die Wendung der
Dinge nicht als unabaͤnderlich ansehen, schrieb vielmehr gerade in diesen
Tagen, denselben in denen Jerome seinen Einzug in Cassel hielt: „Meine
Hoffnung zu Gott steigt taͤglich. Er wirds wohl machen ... Er wird
mir noch helfen, ich habe solch feste Zuversicht.“
Es war nicht nur das Schicksal Hessens sondern auch die kritische
Lage Daͤnemarks, die damals allen Grund zur Besorgnis bot und
namentlich den alten Landgrafen Carl arg bekuͤmmerte, wie XXX
— freilich von anderem Gesichtspunkt aus gesehen — dem Kurfuͤrsten
nicht gleichguͤltig sein konnte. Das seit einer Reihe von Jahren ge⸗
spannte Verhaͤltnis zwischen Daͤnemark und England war im Sommer
1803 zum offenen Bruch geworden, und die brutale Politik der Eng⸗
laͤnder (die damals Brook Taylor, der ehemalige Casseler Gesandte, in
Kopenhagen vertrat) trieb Daͤnemark in die Arme Napoleons. Fran⸗
zoͤsissche Truppen unter Bernadotte standen an der Grenze Holsteins
bereit zum Einmarsch und beunruhigten den Kurfuͤrsten ebenso wie anonyme
Briefe, die bei ihm eintrafen und behaupteten, daß er in Itzehoe nicht
mehr sicher sei. Vor Kopenhagen aber lag die englische Flotte, doch
gelang es dem Kronprinzen, noch ehe das furchtbare Bombardement
begann, den kranken Koͤnig Christian VII. nach Holstein in Sicher—
heit zu bringen. Am 26. September fuhr der Kurfuͤrst nach Rends⸗
burg, um seinen ungluͤcklichen Schwager nach vielen Jahren wieder zu
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dem lebenslustigen Monarchen geworden, der bei seinem letzten Besuch
in Hanau seine Verwandten mit seiner spruͤhenden Laune angesteckt
hatte? Ein bloͤdsinniger Greis, der in staͤndiger Unruhe mit sich selbst
wirres Zeug redete, auf keine Fragen Antwort gab und nur zuweilen
in ploͤtzlichen Tobsuchtsanfaͤllen den alten tollen Christian wieder er—
1) Er pflegte am 1. Weihnachtstag zum heiligen Abendmahl zu gehen.
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