282 Wilhelm in Gottorp und Rendsburg 18003
finden, der in Daͤnemark schließlich doch nur geduldet wurde. Der Landes⸗
xegent Kronprinz Friedrich, den er in Kiel besuchte, zeigte ihm
zwar viel verwandtschaftliches attachement, und in seiner Gemahlin
Marie fand der Kurfuͤrst die alte ihn zaͤrtlich liebende Nichte wieder,
die sich gern der Hanauer Zeiten exinnerte. Aber wenn der Kronprinz
nach Gottorp kam, wie das oͤfters geschah, dann mußte der Kurfuͤrst
ihm Platz machen und zu seinem Bruder hinaufziehn; denn „koͤniglich
daͤnische Herrschaften gingen in allem vor“. Große, zeremonielle Gesell⸗
schaften fanden dann statt und „gingen ihm immer durch Mark und
Knochen“. „Die Hofetiquette toͤdtet mich bey aller nicht genug zu lobenden
bruͤderlichen Freundtschaft“, schrieb er einmal nach einer bis in die Nacht
dauernden Abendgesellschaft. Als daher endlich die ebenfalls aus Cassel
vertriebene Graͤfin Schlotheim ihre bevorstehende Ankunft meldete,
da war das fuͤr den Kurfuͤrsten ein erwuͤnschter Vorwand, Gottorp zu
verlassen und sich eine eigene Haͤuslichkeit einzurichten. Mit „unbeschreib⸗
licher Sehnsucht“ hatte er seine „beste Freundin“ exwartet, und als sie
am 6. Januar 1807 mit ihren Kindern in Schleswig ankam, war trotz
der blutenden Erinnerungen, die ihr Erscheinen weckte, seine Freude so
groß, daß er sich einbildete, „zu Hause zu sein“.
Ende Januar siedelte die Graͤfin, die einstweilen in Friedrichsberg,
einer Vorstadt von Schleswig, Wohnung genommen hatte, nach Rends⸗
burg uͤber, und am 2. Februar folgte ihr der Kurfuͤrst, um in der
dortigen Superintendentur, die er gemietet hatte, seine „neue Okonomie“
anzufangen. „Unser Leben ist einsam, aber doch angenehmer, als wo
Hofetiquette ist“, meinte er. Der Kurprinz blieb in Schleswig, kam
aber oͤfters zum Besuch des Vaters. Der traf zu Rendsburg in dem
dortigen daͤnischen Gouverneur seinen Neffen, den Prinzen Friedrich
von Hessen, den ehemaligen Verlobten der Herzogin Caroline von Gotha
(vgl. S. 221), der jetzt mit seiner Geliebten, einer Baronin Liliencron,
zusammenlebte, die sich seinetwegen von ihrem Gemahl, einem daͤnischen
Major, scheiden ließ. Prinz Friedrich, der spaͤtere Generalissimus der
daͤnischen Armee, machte sich ein Vergnuͤgen daraus, dem Oheim den
langentbehrten Anblick militaͤrischer Paraden zu gewaͤhren. Aber der
alte Herr dachte an seine schoͤnen Gardetruppen und wollte von der
schlappen daͤnischen Soldateska nichts wissen. „Das Militaͤr hier ist
traurig in allen Stuͤcken“, war sein hartes Urteil.
Auf die Dauer gefiel es dem Kurfuͤrsten auch nicht in Rendsburg,
und er ging wieder auf die Wohnungssuche, wobei ihm der Etatsrat