Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

280 Rettung des Schatzes Regentschaft 1806 
heimlichung der Gelder, die der fuͤrstliche Bankier im Betrage von ca. 
zwoͤlf Millionen Talern im Lande und außerhalb Hessens ausgeliehen 
hatte. Fuͤr das erwaͤhnte Douceur lieferte Lagrange die betreffenden 
Kassenliteralien mit dem Verzeichnis der Schuldner!) aus und machte 
seinem Kaiser nur sechs Posten im Betrage von 2332000 Talern nam⸗ 
haft, aus der die von Napoleon geforderte Kontribution beigetrieben 
werden koͤnne. Somit war auch der groͤßte Teil der kurfuͤrstlichen 
Außenstaͤnde gerettet, wenn auch ihre Einziehung spaͤter auf manche 
Schwierigkeiten stieß. 
Die geretteten Gelder und Wertsachen wurden durch Buderus und 
den Kriegsrat Knatz im Schlosse zu Gottorp deponiert, eine Anzahl 
leerer Kisten aber von Toͤnningen aus an den hessischen Geschaͤftstraͤger 
Kriegsrat Lorenz nach London expediert, um sich darauf berufen zu 
koͤnnen, falls Frankreich sich wegen Auslieferung des Schatzes an Daͤne⸗ 
mark wenden sollte. 
Man hat damals und spaͤter die Sorge Wilhelms um die Rettung 
seiner Millionen vielfach bespoͤttelt und nur mit seinen oͤkonomischen 
Neigungen in Verbindung gebracht. Der Kurfuͤrst war sich aber wohl 
bewußt, welche Waffe er damit in der Hand behielt, die ihm, dem von 
Haus und Hof vertriebenen Fuͤrsten, eine ganz andere Bedeutung sicherte, 
als sie z. B. sein Enkel spaͤter besaß, dem bei seiner Vertreibung die 
Rettung des Haus⸗ und Staatsvermoͤgens nicht gelungen war. 
Wilhelm dachte ja nicht daran, die Usurpation Kurhessens und die franzoͤ⸗ 
sische Herrschaft daselbst irgendwie anzuerkennen. Am 3. November 1806 
hatte er von Nenndorf aus eine Regentschaft eingesetzt und die 
beiden Minister Waitz und Baumbach, ferner den Gesandten v. d. 
Malsburg, den Oberjaͤgermeister v. Witzleben und den General⸗ 
major v. Webern zu General⸗ und Landesdirektoren ernannt. Er 
dachte sich die politische Lage etwa so wie zur Zeit des siebenjaͤhrigen 
Krieges, wo sein Großvater auch außer Landes geflohen war, und die 
Franzosen die hessische Regierung im wesentlichen unangetastet gelassen 
1) Darunter befanden sich u. a. der Kaiser von Oesterreich mit 1908997 Talern, 
die Staaten von Holland und Westfriesland mit 544 000, der Großherzog von Baden 
mit 392000, der Fuͤrst von Waldeck mit 1168000, der Fuͤrst von Leiningen mit 
267 000, der Fuͤrst von Loͤwenstein-Wertheim mit 162000, die nassau⸗usingische Hof⸗ 
kammer mit 112000, die Prinzessin von Soubise mit 17 800, die Erben des preußischen 
Generalleutnants v. Bischofswerder mit 28500 Talern. Ueber zwei Millionen Taler 
waren im Lande selbst auf Hypotheken angelegt. — Lagrange durfte sich uͤbrigens 
seines Beuteanteils nicht sehr lange erfreuen. Bei seiner Entlassung als erster west⸗ 
faͤlischer Kriegsminister wurde die Bestechung ruchbar, und er mußte im Januar 1808 
700 000 fr. an die kaiserliche Amortisationskasse zahlen, ehe er dem ihm trotzdem ge⸗ 
wogenen kaiserlichen Feldzuaskameraden wieder unter die Augen treten durfte
	        
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