Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Rettung des Schatzes Lagrange bestochen 279 
saͤchlich aber dem Wagemut des Hauptmanns Mensing!) vom Regi⸗ 
ment Schenk, den sein schaumburgischer Landsmann, der Hofbibliothekar 
Strieder fuͤr die Tat gewann. In der Nacht vom 8. auf den 0O. 
November 1806, kurz ehe die Franzosen Wilhelmshoͤhe besetzten, gelang 
es ihm, 42 Kisten mit den wertvollsten Objekten, darunter den Ordens⸗ 
schatz, die Gemmensammlung und das Medaillenkabinett vom Habichts⸗ 
wald fortzuschaffen und nach dem einsam gelegenen Hof Stoͤlzingen 
zwischen Waldkappel und Rotenburg zu bringen, wo sie wieder in 
einem alten Keller eingemauert wurden. Einen Teil der Sachen brachte 
Mensing einige Wochen spaäter nach Frankfurt zu dem alten Geschaͤfts— 
freund des Kurfuͤrsten, dem Oberhofagenten Mayer Amschel Roth— 
schild, der sieben Millionen Taler uͤbernahm, z. T. an seinen Sohn 
Nathan in London schickte, und durch die geschickte und treue Ver— 
waltung der ihm anvertrauten Gelder den Reichtum und die Finanz⸗ 
macht seiner Familie mitbegruͤndete. Den Rest schaffte Mensing nach 
Muͤnden, Sooden, Cassel und an andere Orte, von wo sie bis auf 
einen Teil, der auf dem Messinghammer den Franzosen in die Haͤnde 
fiel, mit Beihilfe des Casseler Tabaksfabrikanten Thorbecke auf mancherlei 
Umwegen allmaͤhlich in die Elbherzogtuͤmer gelangten. Mensing, der 
am 15. Maͤrz 1807 zum ersten Male nach Schleswig kam, erhielt den 
Orden pour la vertu militaire und ein Majorspatent; er blieb in 
der Umgebung des Kurfuͤrsten bis zum Maͤrz 1808, wo er mit einem 
Ruhegehalt nach Hessen zuruͤckkehrte. 
Das kuͤhne Unternehmen, dessen abenteuerliche Einzelheiten zu er— 
zaͤhlen hier zu weit fuͤhren wuͤrde, waͤre dennoch nicht gelungen, wenn 
nicht, wie gesagt, Lagrange dabei ein Auge zugedrüͤckt haͤtte. Daß 
der „fuͤr seine Zukunft aͤußerst besorgte Mann“ zu bestechen war, hatte 
schon der Fall Wessenberg gezeigt. Durch Vermittelung des Bankiers 
Jordis (des Schwagers von Clemens Brentano) trafen also die hessi⸗ 
schen Minister ein Arrangement mit ihm und dem Intendanten Lamar⸗ 
tilliere, worin sie den beiden Franzosen nach laͤngerem Handeln 
300 000 fr. bewilligten. Dafuͤr versprach Lagrange nicht nur guͤnstige 
Berichte uͤber die Ereignisse in Hessen an Napoleon zu liefern, sondern 
auch die befohlene Nachforschung nach den Schaͤtzen des Kurfuͤrsten 
nicht allzustreng zu treffen. Das war besonders wichtig fuͤr die Ver— 
M Wilhelm Mensing, *1771 zu Rinteln als Sohn eines Schlossers, zeichnete 
sich als Fourier 1793 in Flandern aus, 1800 Prem.Ltn., 1802 Stabskapitaͤn. Seine 
Rolle bei dem Soldatenaufstand von 1806, wo er nach Heft 4 der „Loͤscheimer“ eine 
fuͤhrende Rolle spielte, ist noch ungeklaͤrt. 1813 Oberstleutnant. F 12. Nov. 1837 zu 
Friemen, das er von den Buttlars 1816 kaufte.
	        
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