Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Ankunft in Goͤttingen Wohnung Unterricht 15 
Enkel bestimmt hatte. Drei Tage vor Weihnachten 1754 hielten sie 
hier ihren Einzug, wobei ein fuͤr die ganze Dauer ihres Aufenthaltes 
bestellter hannoͤverscher Doppelposten das Gewehr praͤsentierte. 
Die Universitaͤt, in der von Anfang an etwas von dem Noblessen⸗ 
wind wehte, der spaͤter so charakteristisch fuͤr sie war, wußte die Ehre 
wohl zu wuͤrdigen, die ihr durch den Besuch der Prinzen, noch dazu 
der Enkel ihres Stifters und Rektors Magnificentissimi angetan wurde. 
Ein paar Dutzend Grafen haͤtte sie schon unter ihren Studenten ge— 
habt, die drei hessischen Fuͤrstensoͤhne waren aber die ersten wirklichen 
Prinzen, die das akademische Buͤrgerrecht erwarben. Dieser Umstand 
begeisterte den Professor eloquentiae Joh. Matth. Ges ner dermaßen, 
daß er ihnen schon im Januar 1755 zum Prorektoratswechsel eine ge⸗ 
lehrte Abhandlung uͤder die Principes S. Rom. Imperii Germanici, 
qui in academiis Germaniae literis operam dederunt widmete, wo- 
von allerdings die drei juͤngsten Musensoͤhne — Wilhelm war 11, seine 
beiden Bruͤder 10 und 7 Jahre alt — kaum etwas verstanden haben 
werden. 
Trotz der Formalitaͤt der Immatrikulation ging der Unterricht der 
Prinzen seinen gewoͤhnlichen, schulmaͤßigen Gang weiter. Von den paar 
Vorlesungen, in die sie der Kuriositaͤt oder der Etikette wegen mit—⸗ 
genommen wurden, konnten hoͤchstens ihre Erzieher etwas Gewinn haben, 
von denen Severy, Stoupanus und Causid mit nach Goͤttingen 
gekommen waren. Sévery zu seinem großen Leidwesen allerdings nur 
als Sousgouverneur, denn Wilhelm VIII. hielt den jungen Schweizer 
bei aller Wertschaͤtzung doch nicht fuͤr geeignet, die selbstaͤndige Leitung 
und offizielle Vertretung der prinzlichen Hofverwaltung in Goͤttingen zu 
uͤbernehmen, und hatte deswegen trotz des Widerspruchs seiner Schwieger⸗ 
tochter seinem Oberstallmeister v. Wittorff das verantwortliche Amt des 
ersten Gouverneurs uͤber seine Enkelkinder uͤbertragen. 
Damit zog ein neuer Geist in den Kreis des prinzlichen Haushalts 
ein. Julius Juͤrgen v. Wittorff), ein geborener Hannoveraner aus 
Celle, war schon 1728 als Vierzehnjaͤhriger als Page in den Dienst des 
Landgrafen getreten und seitdem fast staͤndig in dessen unmittelbarer 
Naͤhe geblieben. Auf verschiedenen Missionen in Schweden, Frankreich, 
1) * 14. Okt. 1714 zu Celle. 1728 Page Wilhelms VIII. 1733 Faͤhnrich bei den 
Auerochs⸗Dragonern, 1788 Leutnant und Stallmeister, 1751 Kammerherr, 1754 -57 
Gouverneur der Prinzen, dann in vielfachen diplomatischen Missionen, seit 1772 Staats⸗ 
minister und Ordenskanzler, * 9. Okt. 1802 zu Cassel. Zweimal vermaͤhlt, 1752 mit 
Joh. Frieder. Ern. v. Molsberg (J 25. Juli 1795 im 90. Lebensjahr) und nach deren 
Tode 1796 mit der Graͤfin Aug. Eleon. Charlotte Caiabelitzkv.
	        
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