Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

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Rechtfertigungsversuch des Kurfuͤrsten 
teidigen suchte und unter Berufung auf den seine Neutralitaͤt garan⸗ 
tierenden Brief Napoleons an Dalberg an das Gerechtigkeitsgefuͤhl des 
franzoͤsischen Kaisers appellierte. Auch diese Erklaͤrung verfehlte voll⸗ 
kommen ihre Wirkung, ebenso wie alle weiteren Versuche, direkt mit 
Napoleon anzuknuͤpfen, erfolglos blieben. Nun versuchte der Kurfuͤrst 
sein Verhalten in den kritischen Tagen wenigstens den Hessen gegenuͤber 
zu erklaͤren. Es war ihm sehr darum zu tun, die Eindruͤcke auszuloͤschen, 
die der ungluͤckliche 1. November hinterlassen hatte. Seine uͤbereilte 
Flucht, die Schande der verteidigungslosen Kapitulation, der in seinem 
Namen ausgegebene Befehl der Waffenstreckung, ohne einen Schuß 
abgegeben zu haben, all das wurde namentlich in militaͤrischen Kreisen 
sehr lebhaft empfunden, und manche Vorwuͤrfe wurden gegen den Fluͤcht⸗ 
ling laut. Um sie zu entkraͤften gab er in einem eigenhaͤndig geschriebenen 
Memoire vom 15. Dezember 1806 eine „Kurze Darstellung der bei der 
franzoͤsischen Okkupation vorgefallenen Auftritte,“ die dem Geheimen 
Staatsministerium und dem Kriegskollegium zur Kenntnisnahme fuͤr 
jeden Offizier mitgeteilt wurde. Er berief sich darin wieder auf seine 
angeblich auch von Preußen anerkannte Neutralitaͤt, die selbst nach Jena 
keinen Zweifel bei ihm auflassen konnte, „die Fruͤchte dieser so theuer 
errungenen friedlichen Verfassung genießen zu koͤnnen.“ Als Bignon die 
Demobilisierung verlangte, habe er in der Geheimratssession seine schweren 
Bedenken geaͤußert, sei aber uͤberssimmt worden. Generalleutnant 
v. Wurmb II) sei jedoch auch danach mit drei Regimentern, der 
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beauftragt geblieben. Sein Anruͤcken auf Cassel habe er nach Mortiers 
Einfall vergeblich erwartet und am 31. Oktober beim Kriegsrat mit den 
Generaͤlen v. Wurmb 11) und v. Webern? die Absicht ausgesprochen, 
mit der Casseler Garnison dem Ziegenhainer Korps entgegen zu ziehn. 
„Beide Generals, die bravsten des Corps, waren aber ganz dagegen. 
Ich schraͤnkte alles demnach auf eine tapfere Gegenwehr zu Cassel ein, 
1) Es gab damals in Kurhessen drei Generaͤle v. Wurmb, nach ihren Gesichts- 
zuͤgen und Benehmen als der „bittere,“ „sauere“ und „suͤße W.“ unterschieden: 1. General- 
leutnant Ludwig v. W. l(1735-1813), Bruder des oben, S. 207, genannten, Kommandeur 
des Garde⸗Grenadier⸗-Regiments und Gouverneur von Cassel, spaͤter Palastgouverneur 
Jeromes. 2. Generalleutnant Karlv. W. Il (1740 - 1818), der Verteidiger von Nieu— 
port 1793, Kommandeur des Regiments Landgraf Karl, 1806 zum Oberbefehlshaber der 
Armee neben dem Landgrafen Friedrich ausersehn, vgl. S. 267. 83. Dessen Bruder 
Generalmajor Philippv. W. (1742 - 1808), Kommandeur des in Allendorf und Eschwege 
liegenden Regimentes, das sich beim Soldatenaufstand 1806407 hervortat. 
2) Karl Heinrich v. Webern aus Gerthausen in Fr. (1745 1829), General- 
major und Kommandeur des Regiments Garde. Sein Sohn Emile(7 1878 als preuß. 
Generalleutnant) ist der Verfasser der inleressanten, aber nicht ohne Animositaͤt gegen 
den Kurfuͤrsten geschriebenen „Erinnerungen eines alten Soldaten.“
	        
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