252
Taylor Franzoͤsische Drohungen
habe dies Gefuͤhl von meinen Vorfahren ererbt und kann nicht anders
denken.“ Am 2. August kehrte er nach Cassel zuruͤck und lehnte Bignons
Forderung rundweg ab. „Gott wird sein geliebtes Hessen nicht ver⸗
gessen und mir beistehn“, schrieb er in sein Tagebuch. Er bat aber
dann doch den Englaͤnder, eine Einladung des Kurprinzen zur Jagd
nach Hanau anzunehmen. Taylor ging auch wirklich mit seinem
Attaché Heathcote dorthin und wurde zu Hanau von dem Kurprinzen
besonders ehrenvoll empfangen, von der Kurprinzessin geradezu ausge⸗
zeichnet und verwoͤhnt. Bignon aber, der den blinden Schuß eines
Bleichwaͤchters in der Wilhelmshoͤher Allee „aus Bosheit zum Assassinat
auf ihn“ stempeln wollte, packte jetzt wirklich seine Koffer, blieb aber
noch und verließ erst auf die Nachricht von Taylors Ruͤckkehr, der noch
ein paar Tage als Gast der Herzogin Caroline in Gotha gewesen war,
am 12. Oktober die hessische Hauptstadt.
Inzwischen hatte sich der Konflikt immer mehr zugespitzt. Der
Kurfuͤrst, in diesen Tagen noch durch die Sorge um seinen schwer er⸗
krankten Lieblingssohn, den kleinen Grafen Fritz Hessenstein, hart mit—
genommen, erhielt auf einmal durch den preußischen General v. Bluͤcher
in Muͤnster die allarmierende Nachricht, daß die franzoͤsische Armee in
Hannover unter Bernadotte sich zum Einmarsch in Hessen anschicke.
Nun ließ er, der bisher auf Wittgensteins Rat von militaͤrischen Vor⸗
bereitungen abgesehen hatte, sofort die Beurlaubten einziehen und den
Kurprinzen von Hanau kommen. Binnen 3!/ Tagen waren alle Truppen
außer den Besatzungen der in Belagerungszustand versetzten Festungen,
insgesamt 29 Bataillone und 26 Schwadronen, um Cassel versammelt,
außer den Landregimentern, die bereit blieben, auf erste Ordre gleich⸗
falls zu marschieren. Wenn auch die Minister besorgte Gesichter machten,
so herrschte doch sonst in der Umgebung des Kurfuͤrsten eine kriegerische,
kampfbereite Stimmung und „in Cassel der groͤßte Gemeingeist“, wie
er mit Stolz feststellte: „Alles will zu den Waffen greifen, wenn Bona⸗
parte mich angreifen will!“ Alle Wertpapiere und Gelder, sowie die
wertvollsten Stuͤcke des Museums wurden nach Schmalkalden in Sicher⸗
heit gebracht. Auf Wilhelmshoͤhe streiften nachts Vedetten eines dort⸗
hin verlegten Dragonerkommandos. So auf alle Faͤlle geruͤstet, schrieb
der Kurfuͤrst am 5. September vom Sterbebette seines Soͤhnchens in ent⸗
schiedenem Tone an Bernadotte und fragte nach seinen Absichten.
Wider Erwarten antwortete der Franzose hoͤflich, daß er keine Feind⸗
seligkeiten gegen Hessen bezwecke, und bat nur um freien Durchmarsch.
Diesen gaͤnzlich zu verhindern war der Kurfuͤrst außerstande, aber er