Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

244 Wilhelm und der Herzog von Braunschweig In Berlin 1804 
gluͤckliche Ausgang staͤrkte nicht wenig das Selbstgefuͤhl Wilhelms. „Durch 
lermeté kommt man unter Gottes Schuz durch alles boͤse durch“, meinte 
er und schrieb am 18. November an den Prinzen Carl: wenn es nur 
gelaͤnge, den Koͤnig von Preußen von seiner Kabale loszuloͤsen und zu 
Ruͤstungen zu bewegen, daß dann noch nicht alles verloren und Preußen, 
„der vornehmste Hort Deutschlands“, noch zu retten sei. Er betrachtete 
die gegenwaͤrtige Situation als den letzten Moment, in dem man noch 
dem Bonaparte und seiner uͤbermuͤtigen Nation imponieren und durch ein 
starkes Waffenaufgebot mit Erfolg entgegentreten koͤnne. Dabei rech⸗ 
nete er sehr auf die moralische Unterstuͤtzung seines alten Antagonisten, 
des Herzogs von Braunschweig, der mit ihm zusammen an die 
Spitze der preußischen Armee berufen sei, und verstieg sich zu dem selbst⸗ 
bewußten Satze: C'est donc le Duc et moi à qui le salut de 
Allemagne va être confiè. 
Doch der Umschwung in Berlin kam nicht so schnell, wie er exrhoffte. 
Das „saure Jahr 1803“ ging daruͤber zu Ende, und das neue brachte 
nicht weniger Sorgen und „Unbaden“ als das alte. Des Kurfuͤrsten 
bemaͤchtigte sich eine gewisse Nervositaͤt, die sich auch darin aͤußerte, daß 
er nachts einen Schweizerposten) vor seinem Bellevuepalais à tout éevène⸗ 
ment aufstellen ließ. Endlich schienen seine Bemuͤhungen in Berlin und 
Braunschweig gewirkt zu haben. Am 14. Februar 1804 kam der Prinz 
Wilhelm von Braunschweig nach Cassel, um den Kurfuͤrsten wegen 
eines eventuellen Krieges zwischen Frankreich und Preußen zu sondieren. 
Dieser wollte nicht recht daran glauben und hielt den Besuch fuͤr einen 
„bloßen Probeschuß“. Als aber bald danach Ordre aus Berlin zur 
Einziehung der westfaͤlischen Beurlaubten kam, entschloß er sich trotz des 
außergewoͤhnlich hohen Schnees und obwohl er eben erst eine Einladung 
des preußischen Hofes abgelehnt hatte, Anfang Maͤrz zur Reise nach 
Berlin. Man tanzte dort wieder mit der gewoͤhnlichen Ausdauer auf 
einer großen Maskerade der Koͤnigin von /26 Uhr abends bis zum 
andern Morgen um 8 Uhr, war aber sonst wider alles Vermuten sehr 
kriegerisch gestimmt. Der Koͤnig verlangte die eventuelle Aufnahme der 
westfaͤlischen Truppen in Hessen und wurde sehr boͤse, als der Kurfuͤrst 
seinen alten Vorwurf, daß nur durch die falsche preußische Politik mit 
Hannover die westfaͤlische Armee abgeschnitten sei, bei dieser Gelegenheit 
nicht unterdruͤcken konnte. Ärgerlich kehrte Wilhelm Ende Maͤrz nach 
Cassel zuruͤck, wo ihn die Nachricht von dem Einbruch der Franzosen in 
1) Die Schweizergarde war im Jahre 1803 wieder neu errichtet worden.
	        
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