Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

242 Mortier in vSannoder 1803 Der preußische Hof in Wilhelmsbad 
seine kleinsten Glieder und zwang die Usurpatoren durch kaiserliches 
Mandat zum Weichen aus den riltterschaftlichen Territorien, die freilich 
ihre Selbstaͤndigkeit nur noch kurze Zeit fristen konnten, bis der Rhein⸗ 
bund sie fuͤr immer verschlang. 
Nicht genug, daß somit alle Plaͤne des Kurfuͤrsten, sein Land zu 
vergroͤßern, zu Wasser wurden, die Anzeichen mehrten sich, daß seine 
eigene Existenz trotz des Reichsfriedens keinesweg ungefaͤhrdet war. In 
dieser Zeit, da die Kleinen von den Großen geschluckt wurden, mußten 
die Großen ja jeder Zeit des gleichen Schicksals durch die Groͤßeren 
bezw. ganz Großen gewaͤrtig sein. Gleich nach der Proklamationsfeier 
der Kurwuͤrde war Wilhelm nach Westfalen und an den Rhein gereist, 
um seine preußischen Truppen zu inspizieren. Zu Muͤnster erfuhr er 
am 2. Juni, daß die Franzosen unter Mortier in Hannover eingefallen 
seien. Der Friede von Amiens zwischen Frankreich und England hatte 
nicht lange gedauert, und Bonaparte gedachte jetzt den verhaßten Insel⸗ 
feind an seiner verwundbarsten Stelle, in Koͤnig Georgs deutschen Erb⸗ 
— 
Ruͤckkehr nach Kassel hoͤren mußte, daß die hannoͤversche Armee schon 
kapituliert habe und entwaffnet sei. Da der preußische Hof gerade in 
Wilhelmsbad war, so entschloß er sich schnell dorthin zu fahren, 
obwohl er seit dem Bruche der Pyrmonter Konvention auf gespanntem 
Fuße mit Berlin stand. Am 15. Juni traf er dort ein, „fand den 
Koͤnig etwas verlegen wegen der Entschaͤdigungsfrage, uͤberwand aber 
seine Empfindlichkeit, dachte nur an Deutschlands Wohl und stellte dem 
Koͤnige das Ungluͤck vor, das durch die franzoͤsische Okkupierung des 
guten Hannoverlandes ganz Norddeutschland bevorstehe. Aber das machte 
wenig Eindruck, und man versicherte ihm, es sei gar kein Grund zur 
Beunruhigung vorhanden.“ Man wollte in Wilhelmsbad, wo es infolge 
des koͤniglichen Besuches hoch herging, uͤberhaupt von Politik nichts wissen, 
und hatte scheinbar nur Sinn fuͤr Amuͤsements. Der Heiratsplan des 
Prinzen Wilhelm von Preußen mit der Prinzessin Marianne von Hom⸗ 
burg erstickte alle Vorstellungen uͤber die drohende Gefahr. Als dann 
aber hannoͤversche Deputierte in Wilhelmsbad auftauchten, da ging dem 
Kurfuͤrsten ein Licht auf, und er reiste am 20. Juni wieder ab mit der 
Überzeugung, daß Hannover „bald preußisch werden duͤrfte.“ Auf der 
Ruͤckfahrt besuchte er die neuerworbenen mainzischen Amter und nahm 
ihre Huldigung entgegen, wie er schon vorher in Hanau die reichs— 
staͤdtische Fahne der Gelnhaͤuser in Empfang genommen haͤtte. 
Koͤnig Georg erkannte die „schaͤndliche Konvention“ des Generals
	        
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