Die Erbprinzessin und Friedrichs Glaubenswechsel 17
Verheimlichung seines Schrittes vorwerfen konnte, sich nun uͤberwachen
lassen, und als er Anstalten traf, die Kette abzustreifen und von dem
ihm angewiesenen Verbannungsort Hersfeld zu entfliehen, da sah er sich
von Spionen umstellt, von dem vermeintlich vertrautesten Freunde
verraten und nun wie ein wirklicher Gefangener in dem Lande seiner
Vaͤter behandelt. Wie eine Erloͤsung mußte es ihm vorkommen, als er
endlich die Erlaubnis erhielt, in preußischen Militaͤrdienst zu treten. Im
Mai 1756 wurde er von Friedrich dem Großen zum General⸗
leutnant und Gouverneur von Wesel ernannt und blieb in Preußen, bis
hn der Tod des Vaters an die Spitze der Regierung nach Hessen zu⸗
ruͤck rief.
Die Erbprinzessin Marie erfuhr die Nachricht von dem Glaubens⸗
vechsel ihres Mannes zuerst durch den Geheimrat v. Eyben, der
ihr am 30. September 1754 einen Brief des Landgrafen mit der Un⸗
zluͤcksbotschaft uͤberbrachte. Die Wirkung dieser Nachricht war gerade⸗
zu niederschmetternd. Fassungslos eilte sie zu ihrem aͤltesten Sohn, den
sie schon seit geraumer Zeit nicht wie ein Kind, sondern wie einen Freund
»ehandelte, und weinte sich bei ihm aus. Der Prinz war noch zu jung,
um die ganze Tragweite des Ereignisses zu fassen, aber die Traͤnen der
heißgeliebten Mutter genuͤgten, um auch die seinen fließen zu lassen, zu—
mal als Marie ihm die moͤglichen Folgen in den schwaͤrzesten Farben
ausmalte. Marie war nichts weniger als streng kirchenglaͤubig aber
in der unduldsamen Atmosphaͤre des Anglikanismus aufgewachsen. So er⸗
schien ihr ebenso wie dem alten Landgrafen der Uebertritt zur katholischen
Kirche als ein ganz unverzeihlicher schimpflicher Schritt, zumal ihre Ver—
maͤhlung mit dem Prinzen Friedrich nach den Ehepakten ausdruͤcklich
„zum Besten der protestantischen Religion“ abgeschlossen war. Dazu kam
die Sorge um ihre und der Kinder Zukunft. Ihr Schwiegervater war
ein 72 jaͤhriger Greis, an sich schon laͤngere Zeit leidend und jetzt durch
die Gemuͤtserregung hart mitgenommen. Wenn er jetzt die Augen zu⸗
machte, was sollte dann aus ihr und den Kindern werden? Der katho—
lische Gemahl, von dem sie laͤngst innerlich geschieden war, erschien
ihr auf einmal als ein drohender Wuͤterich, vor dessen jesuitischen
Raͤnken sie sich und die Kleinen nicht sicher fuͤhlte. Es konnte nicht
ausbleiben, daß ihre Angst die Kinder ansteckte, die von da ab nur mit
Scheu und furchtsamer Abneigung an den Vater zu denken wagten.
Wilhelm VIII. mochte aͤhnlich denken, und selbst die Unterschrift seines
Sohnes unter der Assekurationsakte mit den feierlichsten Eidschwuͤren,
die auch jede Berufung auf etwaige paͤpstliche Dispensation und Abso—