Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

Reichsdeputationshauptschluß 1803 
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nach Paris reiste und sich dort Fulda „kaufte“, keine besondere Be—⸗— 
deutung beilegte. Erst im Juni 1802 wurde ihm die voͤllige Gewiß— 
heit, daß „Hessen von Preußen puncto indemnitatis total dupirt 
worden“ war. Umsonst schrieb er an den Koͤnig, an Haugwitz und an 
den vielvermoͤgenden Generaladjutanten v. Koͤckeritz. Er erhielt aber 
nur vage Ausreden, die der Pyrmonter Konvention mit keiner 
Silbe gedachten; ja er mußte es sogar erleben, daß die offizielle Ordre 
zur militaͤrischen Besetzung des Bistums Paderborn fuͤr Preußen durch 
seine eignen Haͤnde ging! Da er sich so „von Preußen voͤllig abandonnirt“ 
sah, mußte Waitz noch einmal mit 150000 fr. nach Paris gehn, konnte 
aber nichts mehr ausrichten. Auf den Rat des Prinzen Carl sollte 
er jetzt auch die wohlbegruͤndeten Anspruͤche Hessens auf Brabant be— 
tonen und durch ein Angebot von ein paar hunderttausend Franken bei 
Talleyrand unterstuͤtzen. »Cela pouvait Vous faire accquérir quel- 
ques belles possessions et à lui de beaux louis.« Waitz erhielt 
in Paris auch einige Vertroͤstungen. Man sprach u. a. von den Besitzungen 
des Malteserordens, vom Herzogtum Westfalen, vom Oberamt Muͤnden 
aber der Landgraf von Darmstadt hatte einen offeneren Geldbeutel!) 
ler erhielt dafuͤr Westfalen), und Wilhelm konstatierte resigniert: „Waitz 
zahlt immer Geld zu Paris, und ich werde auf allen Seiten verlassen 
und betrogen.“ 
Inzwischen war die Reichsdeputation zur Regelung der Saͤku—⸗ 
larisationen und Entschaͤdigungen in Regensburg zusammengetreten. Daß 
Hessen-Cassel zu den acht Gliedern dieser Deputation gehoͤrte, half dem 
Landgrafen gar nichts. In Paris war ja alles schon abgemacht, und 
die Deputation hatte die dortigen Handelsgeschaͤfte nur zu bestaͤtigen. 
Der hessische Gesandte v. Guͤnderode versuchte es noch einmal mit 
einem kleinen Trinkgeld von 40000 fr. bei den Franzosen, die „das 
Reich verschacherten“, aber schließlich mußte ein franzoͤsisches Ultimatum 
von dem Landgrafen angenommen werden. Hessen-⸗Cassel erhielt nichts 
weiter als die mainzischen Ämter Fritzlar, Naumburg, Neustadt 
und Amoͤneburg, im ganzen etwa vier Quaͤdratmeilen mit nicht ganz 
15 000 Einwohnern, waͤhrend die fettesten Brocken der Pyrmonter Kon— 
vention, Paderborn, Corvey und Fulda, dem Koͤnig von Preußen und 
seinem oranischen Schwager in den Schoß fielen. Die außerdem noch 
1) Ludewig X. gab damals üuͤber eine halbe Million aus. „Aber nie ist ein 
Kapital solider und auf bessere Zinsen angelegt worden als dieses. ... Was haͤtte der 
Herr Kurfuͤrst von Hessen damals nicht machen koͤnnen, wenn ihn, den reichsten deutschen 
Fuͤrsten, nicht eingewurzelter Geiz und die Ungeschicklichkeit seiner Leute abgebalten 
haͤtten, seine Millionen zu benutzen.“ (Du Thil, Denkw. 106
	        
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