Neue Minister Laͤnderschacher in Paris J 231
Der Minister v. Muͤnchhausen starb im April 1799. Zum Ersatz
für ihn und den schon recht hinfaͤllig gewordenen alten Wittorff
(7 Oktober 1802) wurden damals der Kammerpraͤsident v. Meyer!)
und der Oberhofmarschall v. Veltheim?) in den Geheimen Rat auf—
genommen, von denen der letztere 1803 wieder ausschied und bald darauf
starb. Sein Nachfolger wurde der Regierungspraͤsident Wilhelm Lud⸗
wig v. Baumbach (1741 -1808). Die fuͤhrende Persoͤnlichkeit im
Kabinett blieb Friedrich Siegmund Waitz v. Eschen, der Schwager
Meyers. Er hatte die Pyrmonter Konvention abgeschlossen und wurde
zu den wichtigsten diplomatischen Sendungen nach Berlin, Paris und,
seitdem die Verhandlungen zu Rastatt begonnen hatten, auch zur Teil—
nahme am dortigen Kongreß beauftragt, wo das „Marchandieren“ um
deutsche Landesteile unter der Firma der Entschaͤdigung fuͤr linksrheinische
Landverluste begonnen hatte.
Nicht ohne Widerstreben beteiligte sich der hessische Landgraf an dem
unwuͤrdigen Handel. Er fand es schmachvpoll und beschaͤmend, daß man
zu Paris „deutsche Laͤnder kaufen konnte, wie auf einer Auktion.“
Aber in seiner moralischen Entruͤstung steckte auch ein gut Teil Ärger
uͤber die ihm zugemuteten Ausgaben zur Bestechung der franzoͤsischen
Unterhaͤndler. Waitz hatte in Paris einen gewissen Basse, einen Preußen,
getroffen, der den Mittelsmann in dem unsauberen Geschaͤft machte.
Fuͤr Talleyrand verlangte er nicht weniger wie zwei Millionen Franken.
Außerdem mußte der Landgraf bei dieser Gelegenheit noch galante
Schulden seines Vaters mit 60000 fr. ruͤckstaͤndiger Pension fuͤr eine
alte franzoͤsische Geliebte desselben bezahlen. Mit den Schmiergeldern
aber knauserte Wilhelm nach Kraͤften, ließ sie sich nur tropfenweise aus—
pressen, und da die uͤbrigen Konkurrenten dieselben in Huͤlle und Fuͤlle
ausstreuten, so war die Position der Waitz, Steuben, Kopp, Guͤnderode,
Starckloff und wie die hessischen Abgesandten zu Paris, Rastatt und
Regensburg hießen, keine leichte, und ihr Erfolg konnte nicht der von
dem Landgrafen gewuͤnschte und erhoffte sein.
Der Baseler Friedensschluß hatte die Anschauungen Wilhelms uͤber
die Franzosen und die Revolution nicht geaͤndert, und was seitdem
geschehn war, konnte erst recht nicht dazu beitragen, ihn franzosenfreund⸗
1) Carl Wilhelm v. Meyer (1731 - 1806), hanauischer Kammerrat, 1799 geadelt,
Oberappellationsrat, dann Praͤsident der Oberrentkammer, 1799 Geheimer Staatsminister
der Justiz und Finanzen. Vermaͤhlt mit Marie Waitz v. Eschen. Auch sein Sohn
und Enkel waren hessische Minister.
2) Friedrich Wilhelm v. Veltheim, seit 1763 in hessischen Diensten, Landkomtur
der Ballei Sachsen des deutschen Ordens. Zog sich spaͤter auf seine Guͤter zurüuͤck.