Full text: Kurfuerst Wilhelm I. Landgraf von Hessen. Ein Fuerstenbild aus der Zopfzeit

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Kampf gegen das Jakobinertum 
de toutes ces nouveautés.“ In Hessen bestand seit 2. Juli 1796 ein 
striktes Verbot für alle Beamten einschließlich der Prokuratoren und 
Advokaten!), „sich aller angenommenen besonderen Trachten, als der 
Pantalons, Knotenstoͤcke, runden Huͤte und abgestumpften Haare und 
dergl. gaͤnzlich zu enthalten.“ Dafuͤr mußten aber, wie oben (S. 186) er⸗ 
waͤhnt, die Casseler Zuchthaͤusler in diesen Kostuͤmen die Straßen kehren, 
um als abschreckendes Beispiel bei denen zu wirken, fuͤr die der Beamtenukas 
wirkungslos war. Die Fremdenpolizei wurde streng gehandhabt, und 
ebenso wurden alle diejenigen, „welche durch frechen Tadel in oͤffentlichen 
Reden, Schriften oder bildlichen Darstellung Mißvergnuͤgen gegen Landes⸗ 
berfassung und Staatsverwaltung ausbreiteten“, unnachsichtig verfolgt. 
Im Lande blieb aber alles ruhig. „Durch Hessen fließt ein sehr dicker 
Nachtnebel, der alle Menschen so blind macht, daß es in ein Sprichwort 
uͤbergeht“, hoͤhnte der Revolutionsenthusiast Andr. v. Rebmann (der 
spaͤtere Richter des Schinderhannes) in seinem Obscurantenalmanach 
auf das Jahr 1798, der mit einem wuͤsten Phantasiebild des Kastells, 
der „neuen hessischen Bastille“, geschmuͤckt und mit maßlosen Ausfaͤllen 
gegen ihren Erbauer gespickt war. „Der Bewohner des Weißensteins 
hat keine Nachtruhe, weil ihm der Fleischhandel viel Arbeit und Sorge 
macht“, heißt es darin und weiter: 
Pfeifengequiek, Pauken und Trommelgeroll, 
Der Ketten und Peitschen Getoͤs 
Und das Bruͤllen der Gepeitschten 
Ist diesem Landesvater allein Musik! 
Solche und andere Angriffe gegen den konsequentesten Gegner des 
Jakobinertums drangen aber dank seiner prophylaktischen Maßregeln 
kaum uͤber die hessischen Grenzen. Man raͤsonierte wohl hier und da 
im stillen uͤber den strengen Landesherrn, namentlich uͤber seine immer 
staͤrker werdende Knauserei, aber die große Menge, besonders der ge⸗ 
meine Mann, haͤtte doch Respekt vor ihm und schaͤtzte seine guten Seiten 
und seine landesvaͤterlichen Bemuͤhungen, wie sie z. B. seine scharfe 
Bekaͤmpfung des Fruchtwuchers zeigte. Faͤlle wie in Paderborn, wo 
man dem Neptun auf dem Markte ein Freiheitsbaͤumchen in den Arm 
gelegt hatte, um den Fuͤrstbischof zu aͤrgern, blieben ohne Nachahmung. 
Nur in Hanau hatten die „Jakobiner“ einmal einen aͤhnlichen Streich 
beruͤbt, als sie zum Entsetzen der Polizei eines Nachts den Loͤwen des 
Marktbrunnens rote Muͤtzen aufsetzten. 
1) Eine ahnliche Verordnung haͤtte schon im Dezember 1794 der Fuͤrstbischof von 
Passau erlassen.
	        
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