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Assekurationsakte 1754
zeichnen, in der er sich verpflichtete, seine Kinder weiter in der reformier⸗
ten Religion erziehen zu lassen und allen von seinem Vater zur Siche⸗
rung des status religionis in den ihm spaͤter zufallenden Landen zu
treffenden Maßregeln und Buͤrgschaften seine Zustimmung zu erteilen.
Diese Maßregeln verdichteten sich zu der unter der Garantie aller evan⸗
gelischen Maͤchte, insbesondere von England, Preußen, Schweden, Daͤne⸗
mark und den Niederlanden, errichteten Assekurationsakte vom 28. Ok⸗
tober 1754, die mit ihren bis in die kleinsten Einzelheiten gehenden Be—
stimmungen von dem Regierungsrat Hein, der rechten Hand des Landgrafen,
so fein ausgekluͤgelt war, daß die Katholiken nachher behaupteten, der
Teufel selber muͤßte dabei mitgeholfen haben, da Menschenwitz und Bos⸗
heit unmoͤglich das alles allein habe ausdenken koͤnnen. Dem zukuͤnf⸗
tigen Regenten, der sie nach einigem Zoͤgern unterschrieb, wurden damit
die Haͤnde voͤllig gebunden, und jede kleinste Moͤglichkeit, den Katho—
lizismus im Lande auszubreiten oder auch nur zu dulden, so gut wie
ausgeschlossen. Katholischer Gottesdienst durfte nicht einmal in Privat—
haͤusern stattfinden, kein Katholik sollte als Beamter geduldet werden,
und Landstaͤnde und Regierung erhielten das Recht, alle Schritte des zu—
kuͤnftigen Regenten zum Schutze des Bekenntnisstandes peinlich zu uͤber⸗
wachen, wie denn auch die gesamte Akte als pragmatische Sanktion
Hessens in den zukuͤnftigen Huldigungseid der Untertanen aufgenommen
werden sollte. Besonders peinlich mußten fuͤr den Prinzen die Eingriffe
in seine vaͤterlichen Rechte sein, durch die ihm jeder Einfluß auf die
Erziehung und Zukunft seiner Kinder entzogen wurde. Um die voͤllige
Unabhaͤngigkeit der Prinzen und ihrer Mutter sicher zu stellen, trat
Landgraf Wilhelm sogar im Widerspruch zu den Bestimmungen des
Westfaͤlischen Friedens die Grafschaft Hanau mit allen Hoheiten,
Einkuͤnften und Gerechtsamen an seinen aͤltesten Enkel ab und behielt
sich nur ihre Regierung in dessen Namen bis zu seinem Tode vor. Dann
aber sollte Prinz Wilhelm ohne alle Widerrede die Herrschaft des
kleinen Landes ergreifen und nur den Unterhalt seiner Mutter und Bruͤder
aus seinen Revenuen bestreiten.
Es war in der Tat eine voͤllige Knebelung, in die der uͤberraschte
Erbprinz damals, wo er von allen Freunden und Ratgebern verlassen
war, einwilligen mußte, und es ist begreiflich, daß er unter der ihm auf—⸗
erlegten Demuͤtigung schwer litt, besonders als ihm, dem eingefleischten
Soldaten und tatendurstigen General, von nun an der Oberbefehl uͤber
das hessische Heer vorenthalten wurde. Wie ein uͤberfuͤhrter Verbrecher
mußte er, dem man mit Fug und Recht doch eigentlich nur die lange